![]() Märchenschiff am Anleger Jungfernstieg in der Vorweihnachtszeit 2007 |
Es begab sich vor vielen Jahren, es war wohl 1985, zur vorweihnachtlichen Jahreszeit. Das war die Zeit des Jahres, in der es früh am Abend dunkel ward und die Alsterschiffe bereits früh am Abend schlafen gehen mussten, denn gar niemand wollte in der Dunkelheit und bei kaltem Novemberwetter auf ihnen einen Alstertörn unternehmen.
So kam es, dass sie ihre Bugs zusammensteckten und eine Konferenz abhielten. „Was können wir machen, damit wir uns nicht den ganzen lieben langen Winter über langweilen müssen?” fragten sie sich.
Nun sahen sie jedoch die vielen Kinder, die mit ihren vielen Eltern durch die Hamburger Innenstadt von Geschäft zu Geschäft flitzten. Die Kinder bremsten dabei die gestressten Eltern aus. Die bemitleidenswerten Eltern waren in dieser Zeit sehr in Eile, denn sie wollten Geschenke für ihre Kinder erwerben und waren deshalb aus nah und fern in die Innenstadt gereist. Die Kinder dagegen blieben an jedem Schaufenster stehen, schauten lange sehnsüchtig hinein und genossen lange die Vorfreude. Die geschäftseifrigen Kaufleute hatten die Schaufenster reich und weihnachtlich geschmücket, auf dass viele Kunden einträten und Ware gegen Geld eintauschten.
Nun, Alsterschiffe sind weise. Sie empfahlen den Geschäftsleuten, doch einige von ihnen genauso hübsch und weihnachtlich zu schmücken, wie die Schaufenster. Gegen einen bescheidenen Obolus würden die geschmückten Schiffe dann am Anleger des Jungfernstiegs für die Kinder geöffnet sein. Sie würden sich gerne solange um die Kinder bekümmern, wie die Eltern zum Einkauf der Geschenke in den Geschäften, Kaufhäusern, Ladenpassagen und Weihnachtsmärkten unterwegs seien.
Aber auch die Geschäftsleute sind weise. Sofort erkannten sie, welche einmalige Möglichkeit sich Ihnen und ihrem Geschäftspartner, dem Weihnachtsmann, darbot. So willigten rasch und mit Freude ein.
Seitdem träumen jedes Jahr einige Alsterschiffe ihre weihnachtlichen Märchen — vielleicht kommt bald der Tag, an dem es Sterntaler auf ihre Reederei herabregnet oder die böse Schwiegermutter sich endlich dazu durchringt, das Fährgeld für Schneewittchen, die sieben Zwerge und sich selbst endlich abgezählt beim Alsterschipper auf den Kassentresen zu legen.
Wirklich ganz schwer hatten es die Märchenschiffe als wegen des Baus der neuen U-Bahn-Strecke U4 ihre Anlegeplätze am Jungfernstieg gesperrt waren. Als Ersatz hatte man ihnen einen schwimmenden Anlegeponton in die Binnenalster gebracht. So hatten sie den Trost, näher an der großen Weihnachtstanne zu sein. Trotzdem freuten sie sich auf die Adventszeit 2012: Dann würde hier die lange Bauarbeit endlich vorbei sein. Dann dürfen sie wieder am Jungfernstieg gemeinsam mit den Kindern, Eltern, dem Weihnachtsmann und den Geschäftsleuten das große Fest erwarten!