Der 30.4.1945 war ein Montag. An diesen Tag beging Hitler gegen 15:30 Uhr Selbstmord. Der Großadmiral Dönitz wurde Hitlers Nachfolger als Reichspräsident und Oberbefehlshaber der Wehrmacht.
Damit sich möglichst viele Deutsche — Soldaten und Zivilisten — in den Westen absetzen konnten, versuchte Dönitz den Waffenstillstand hinauszuzögern.
Die Briten hatten es jedoch eilig. Sie setzten eine 24-stündige Frist zur Kapitulation Hamburgs. Sollte die Frist verstreichen, drohten sie mit dem Einsatz von Flugzeugen. Generalmajor Wolz war zwar zur Kapitulation bereit; jedoch lagen noch eine Fallschirmjägerdivision und SS-Truppen vor Hamburg, die ihm nicht unterstanden. Würden sie sich an der Kapitulation beteiligen?
Hamburgs Gauleiter Karl Kaufmann hatte für den Fall einer Kapitulation dadurch vorgesorgt, dass er Plakate zum Aushang für dies Ereignis hatte drucken lassen. Die gesamte Auflage lag unter Verschluss. Aber der Probeabdruck lag noch in der Setzerei. Angehörige einer Widerstandsgruppe hängten den Probeabdruck am 1.5. mittags (oder am 2.5. mittags — widersprüchliche Angaben) ins Schaufenster der „Hamburger Zeitung” im Giradet-Hauses am Gänsemarkt. Am Mittwochabend (2.5.1945) ordnete Dönitz die kampflose Übergabe Hamburgs an.
Am nächsten Tag — es war der 3.5.1945 — gegen Mittag setzte Wolz im Waldhaus Häcklingen („Möllering-Villa” in Häcklingen bei Lüneburg) seine Unterschrift unter die Kapitulationsurkunde. Um 16:13 Uhr begannen die Briten ihren Einmarsch in Hamburg. Vor dem Hamburger Rathaus begrüßten Dr. Wilhelm Amsinck Burchard-Motz und Generalmajor Wolz den britischen Brigadegeneral Douglas(?) Spurling und übergaben um 18.25 Uhr die Stadt. Die Stadt stand ab nun unter britischer Militärverwaltung.
Hinweis auf widersprüchliche Angaben: Der Name des Brigadegenerals wird überwiegend mit „Douglas Spurling” angegeben. Davon abweichend wird jedoch auch →„John Michael Kane Spurling”, „John Michael Spurling” oder „David Spurling” genannt.
Der britischen Militärverwaltung wurde regelmäßig über Betriebsleistungen, Betriebsmittel und Stoffbedarf berichtet. Sie teilte Personal und bewirtschaftete Betriebsstoffe zu. Zu den bewirtschafteten Betriebsstoffen gehörte elektrischer Strom. Da die Kohle knapp war, musste die HHA Strom einsparen. Das führte zu zeitlichen Einschränkungen des Nahverkehrs in Form täglichen mehrstündigen Betriebspausen. Erst im März 1946 konnten diese Einschränkungen aufgehoben werden. Im folgenden Winter 1946/1947 war es extrem kalt. Auch diesmal wurde die Kohle knapp und es wurden tägliche mehrstündige Betriebspausen im Zeitraum vom 30.12.1946 bis zum 1.2.1947 eingerichtet.
Uniformierte Besatzungssoldaten mussten frei befördert werden. Für sie wurden besondere Wagenabteile freigehalten. Bei den Fahrzeugen der HHA wurde die Regelung mit den besonderen Wagenabteilen bald wieder aufgehoben, da die britischen Soldaten sich oft nicht mit den für sie vorgesehenen Abteilen begnügten
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Bezogen auf die U-Bahn wurden auf der Kelljunglinie zunächst der erste Wagen eines Zuges für die Briten freigehalten. Ab dem 20.8. musste nur noch die erste Wagenhälfte für die Briten reserviert werden. Ab dem 3.10.1945 war die Reservierung aufgehoben.
dass alle vor dem 1.April 1933 der NSDAP als Mitglieder beigetretene Bediensteten sofort zu entlassen seien. Der nach dem Krieg eingesetzte Betriebsrat der HHA
verlangte die Entlassung aller Nazis, die durch ihre Haltung Anstoß erregt hatten.
Besonders schnell wurden die Vorstandsmitglieder Generaldirektor Stanik und Direktor Dr. Ing. Prüß entlassen. Der Direktor Hertler wurde zunächst vom Dienst suspendiert und erst am 28.12.1945 entlassen. Vom alten Vorstand blieb lediglich Dr. Friedrich Lademann im Amt.
Erst am 18.6. wurde der Vorstand der HHA wieder vergrößert: Der Bürgermeister Rudolf Petersen ernannte den im April 1933 entlassenen Dr. Ing. Mattersdorff wieder zum Vorstandsmitglied. Am 3.7. kam der ebenfalls im April 1933 entlassene Dr. Ing. E.h. Wilhelm Stein wieder in der Vorstand. Er wurde Vorstandsvorsitzender.
Der britische Kapitän Macartney (später Major Ryle) saß einem Ausschuss vor, der die Berechtigung der Entlassungen von HHA-Bediensteten anhand von durch den Betriebsrat aufgestellten Listen prüfte. Mitglieder des Ausschusses waren der 1933 entlassenen Betriebsratsvorsitzende Max Jäger, der Vorstandsvorsitzende Wilhelm Stein und der Beisitzer Manow. Wilhelm Stein wurde bereits im November 1945 aus dem Ausschuss abberufen, weil er sich der Entlassung weiterer leitender Angestellter widersetzte
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Bis zum 28.12.1945 wurden bei der HHA entlassen:
»Es war daher bei der heftigen Reaktion auf die Nazizeit i.J. 1945 praktisch unmöglich, stichhaltige Leitsätze für Maßregelungen zu finden; auch haben sich die Anschauungen über diese Verhältnisse fortlaufend geändert und es muss rückblickend festgestellt werden, dass viele Maßnahmen jener Epoche nur durch ein beträchtliches Maß von Voreingenommenheit und Willkür zu erklären ist.«
Andere entlassene Hochbahner taten sich in einer Interessengemeinschaft zusammen und klagten in Einzelprozessen vor dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht. Mehr dazu steht im weiter unten verlinkten ergänzenden Zeitungsbericht von Dieter Beste aus dem Jahre 1952.
Bereits 1950 hatten sich rund 300 Entlassene zu einer Interessengemeinschaft vereinigt. Sie verlangten ihre Wiedereinstellung, denn sie waren arbeitslos geblieben. Ein außergerichtlicher Vergleich erbrachte 1951 ein Wiedereinstellungsabkommen unter der Bedingung: Ihr müsst ganz unten, als Weichensteller oder Wagenfeger anfangen. Erst mit der Zeit kommt ihr wieder in eure alten Stellungen hinein.
Besser so, als arbeitslos!
Mit den Wiedereinstellungen klappte es, mit den beruflichen Aufstiegen in die alten Stellungen dagegen nicht. 1955 verklagten drei Schaffner die HHA beim Arbeitsgericht. Sie forderten den entgangenen Lohn zwischen Entlassung und Wiedereinstellung und den Differenzbetrag vom Tage der Wiedereinstellung
an. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, die nächste Instanz (das Landesarbeitsgericht) empfahl einen Vergleich. Den Vergleich wollte die HHA nicht, da sie einen Rattenschwanz von Klagen
befürchtete. Die nächste Instanz (das Bundesarbeitsgericht) gab der Klage statt und die HHA musste den entgangenen Lohn nachzahlen.
Am Neujahrstag 1957 begründeten 57 weitere Mitarbeiter, die immer noch nicht in ihre alte Stellungen zurückgekehrt waren, eine neue Interessengemeinschaft. Neun ihrer Mitglieder verklagten die HHA auf Gehaltsnachzahlung. Das Arbeitsgericht als erste Instanz lehnte die Klage wegen Verjährung ab. Das Landesarbeitsgericht verwarf Mitte Oktober 1959 die Revision. Erneut wurde das Bundesarbeitsgericht in Kassel involviert.
Mein weiteres Stöbern im Hamburger Abendblatt bis Ende 1961 hat keine hinreichenden Erkenntnisse über die weiteren Verläufe der sogenannten „Hochbahnprozesse” erbracht. Sie waren im Dezember 1961 noch nicht beendet...