Öffentlicher Personennahverkehr (Hamburg): Das Projekt „Hamburg Electric Autonomous Transportation” (HEAT) Kleine Presseschau
Die Pressestelle der (Hamburger) Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation gab am 20.12.2017 eine Pressemeldung über ein Enwicklungsprojekt für den Einsatz fahrerloser elektrisch angetriebener Kleinbusse (E-Shuttles) im öffentlichen Verkehrsraum bekannt. Die Überschrift lautet:
Projekt HEAT • Autonom fahrende E-Shuttles werden in Hamburg getestet Bundesumweltministerium bewilligt Fördermittel
Hier folgt eine Zusammenfassung der bis zum 31.7.2019 vorliegenden Informationen aus den externen Quellen
HEAT ist eines von etlichen im Vorfeld des ITS-Kongresses 2021 laufenden Projekten, die sich in Hamburg mit sogenannten „Intelligenten Verkehrssystemen” befassen. Um hier einen gewissen Überblick zu erhalten, bietet sich ein Besuch auf →www.hamburg.de/bvm/projekte-its/ an.
Ihre Pressemitteilung beginnt die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation mit: Die Freie und Hansestadt Hamburg und die Hamburger Hochbahn AG erhalten eine Förderung von 3,7 Mio.€. Für das wegweisende Projekt wird speziell für die Hansestadt ein umweltfreundliches Fahrzeug entwickelt.
Damit soll in einem ersten Testgebiet autonomes Fahren mit lokal emissionsfreien Shuttlebussen […] sichtbar und erlebbar gemacht werden. Das Ergebnis des Projektes soll auf dem in Hamburg vorgesehene ITS-Weltkongress 2021 sichtbar und erlebbar eingesetzt werden. ITS steht für „Intelligent Transport Systems”.
Für die Förderung aus dem Förderprogramm „Erneuerbar Mobil” hatte sich ein Konsortium beworben. Beteiligte waren
Freie und Hansestadt Hamburg (Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI),
Hamburg Verkehrsanlagen GmbH (HHVA),
Hamburger Hochbahn AG (HHA),
Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) sowie
in der Pressemitteilung nicht genannte Partner aus Industrie und Wissenschaft.
Aus der Förderung werden BWVI, LSBG und HHVA rund 2,7 Mio Euro erhalten. Die HHA wird rund 1 Mio Euro erhalten und weitere 1,5 Mio Euro aus ihrem eigenen Budget beisteuern.
Passend zum ITS-Weltkongress ist die Projektdauer auf vier Jahre angelegt.
Vorstellung des Fahrzeugs am 31.7.2019 auf den Magellanterrassen in der HafenCity: Einige der in der Pressemitteilung nicht genannten Projektpartner sind seitlich am Heck des Fahrzeugs vermerkt
Die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) gab bekannt, dass ab der zweiten Jahreshälfte 2018 ... in der Hafencity Hamburgs ein erster selbstfahrender Bus unterwegs sein solle.
Es werde außer den Fahrgästen immer ein Mitarbeiter an Bord des Busses sein, um im Gefahrenfall eingreifen zu können.
Außerdem wird daran erinnert, dass die Deutsche Bahn einen autonom fahrenden Elektro-Kleinbus mit sechs Sitz- und Stehplätzen derzeit in Süddeutschland testet.
Verhältnismäßig spät, aber dafür umso konkreter, zeigt sich der Beitrag im Hochbahnblog. Hier erfahren wir auch, wer die in der behördlichen Pressemitteilung nicht genannten Partner sind:
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR): Nutzerzentrierte Begleitforschung und Kundenakzeptanz
HafenCity GmbH: Unterstützung bei der Vorbereitung der Strecke in der HafenCity
Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV) entwickelt das Fahrzeug
Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM): Geschäftsmodelle
Siemens: Lieferung und Aufbau von Streckeninfrastruktur und Leittechnik
Vattenfall: Abstell- und Lademöglichkeiten an der Betriebsstrecke
Die Projektleitung einschließlich der Koordination führt die HHA durch.
Der Zeitplan sieht so aus:
Projektstart: Februar 2018
Fahrzeugvorstellung: 2. Hälfte 2018
Probebetrieb zunächst ohne Fahrgäste mit Fahrer: noch 2018
Fahrten mit Fahrgästen und Fahrer: 2019
Fahrten mit Fahrgästen ohne Fahrer: ab 2020
Eine Pressemitteilung der HHA vom 1.6.2018 bestätigt das Vorgenannte. Die Pressemitteilung und eine Ergänzung vom 31.7.2019 enthält einige Ergänzungen:
Fahrzeug: Der von →IAV entwickelte Kleinbus ist 5,10 m lang, 2,05 m breit sowie 2,71 m hoch und wiegt rund 4 Tonnen (leer 2,77 t, max. Zuladung 1,25 t). Er bietet zwei Sitzbänke mit je vier Plätzen und eine Klappsitzbank mit zwei Plätzen. Eine Rampe ermöglicht die Mitnahme eines Rollstuhls bei hochgeklappter Klappsitzbank. Das erste Fahrzeug soll voraussichtlich noch 2018 nach Hamburg kommen. Insgesamt sind für das Forschungs- und Entwicklungsprojekt drei Fahrzeuge vorgesehen. Nachtrag 31.7.2019: Die beiden Sitzbänke für je vier Personen sind Querbänke. Wegen der geringen Fahrzeugbreite sind sie für 4 Personen eher zu schmal. Sie sind besser für drei Personen geeignet.
Betrieb und Strecke: Für die Integration in den realen Straßenverkehr und die dafür notwendige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h ist neben der Ausstattung des Fahrzeugs mit Kameras zusätzlich Radar und Lidar notwendig. Lidar: Optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessung: Light detection and ranging), auch als Ladar (laser detection and ranging) bezeichnet.
Die Strecke muss mit Sensorikelementen und digitalen Kommunikationssystemen ausgestattet werden.
Der Betrieb soll durch die Leitstelle der HHA überwacht werden.
Die Teststrecke in der Hamburger HafenCity wird insgesamt 3,6 Kilometer lang sein. Sechs bestehende Haltestellen werden angefahren, drei Haltestellen werden neu eingerichtet. Nachtrag 31.7.2019: Die Teststrecke wird 1,84 km lang sein, 2 bestehende und 3 neu eingerichtete Haltestellen umfassen.
In der Startphase wird der Elektrobus über die Straßen Am Sandtorkai, Am Sandtorpark, Am Dalmannkai und Großer Grasbrook fahren. Bis 2021 soll die Teststrecke dann über die Straßen Am Sandtorkai, Brooktorkai, Shanghaiallee, Überseeallee, Am Sandtorpark, Hübenerstraße, Großer Grasbrook und Am Kaiserkai führen.
Die ersten Fahrgäste werden das Angebot ab dem Frühjahr 2019 nutzen können. In der Startphase ist vorgesehen, allen Fahrgästen eine Kurzeinweisung zu geben. Die Fahrt mit dem Shuttle wird kostenfrei sein.
Nachtrag 20.7.2019: Aktuell ist aus „Frühjahr 2019” „Mitte 2020” geworden.
Projektkosten: Die Investitionen auf Hamburger Seite betragen insgesamt 5,2 Mio.€. Davon entfallen auf die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI), den Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) und Hamburg Verkehrsanlagen (HHVA) 2,7 Mio.€. Diese werden vom Bundesumweltministerium voll gefördert. Weitere Fördermittel in Höhe von 1 Mio.€ erhält die HHA als Projektleitung. Die restlichen 1,5 Mio.€ trägt die HHA.
Juristische Anforderungen
Gegenwärtig (April 2019) ist die Gesetzeslage über den Betrieb von autonomen Fahrzeugen nicht einwandfrei geklärt. Dies betrifft die Schuldfrage und die Haftung bei Unfällen sowie den Datenschutz. Siehe dazu →Müssen bald Maschinen ins Gefängnis?.
Aktualisierte Vorgehensweise per 31.7.2019
Gegenüber der Ende 2017 angegebenen Planung wurde der Projektumfang etwas verkleinert (kürzere Versuchsstrecke, weniger Haltepunkte) und die Zwischentermine wurden auf etwas später verschoben.
Die Angaben zum weiteren Vorgehensweise sind wortwörtlich der→Presse-Information — Ergänzung per 31. Juli 2019 entnommen.
Die Umsetzung des Projektes erfolgt in drei Phasen, in denen
sukzessive der Grad der Automatisierung „hochgeschraubt” wird:
2019 — Phase 1
Erprobung des Fahrzeugs auf einem ausgewählten Abschnitt der
Teststrecke; mit Fahrzeugbegleiter; ohne Fahrgäste; angestrebte
Geschwindigkeit: 15 km/h
2020 — Phase 2
Erweiterung des Testabschnittes und Erweiterung um feste
Haltestellen; mit Fahrzeugbegleiter und zuvor eingewiesenen
Fahrgästen; angestrebte Geschwindigkeit: 25 km/h
2021 — Phase 3
Finale Erprobung auf der gesamten Teststrecke mit festen Haltestellen;
mit Fahrgästen; ohne Fahrzeugbegleiter; angestrebte
Maximalgeschwindigkeit: 50 km/h
Zu Phase 2: Die Hochbahn lud zu ersten Testfahrten mit Fahrgastbegleitung ab dem 23.10.2020 ein. Dazu eine Bildunterschrift: Auf der 0,8 Kilometer langen Teststrecke (blau) hält der HEAT-Bus in der aktuellen Phase an den zwei Haltestellen Magellan Terrassen und Am Sandtorpark. Im Jahr 2021 wird er auf einer 1,8 Kilometer langen Runde fünf Mal halten.[→Abruf 20.11.2020]Fast 5000 Menschen informierten sich im Zeitraum der Fahrgastfahrten auf der Website über das Projekt, knapp 600 nutzten die Chance für eine Mitfahrt im autonomen Shuttle. Drei Viertel von ihnen waren aus Hamburg, aber auch Menschen aus dem Hamburger Umland und aus anderen Teilen Deutschlands ließen sich die Möglichkeit einer Testfahrt nicht entgehen.[→Pressinformation der HHA vom 2.12.2020]
Vom 12. bis zum 15.10.2021 wurden zwischen 0930 und 1600 Uhr HEAT-Demonstrationsfahrten im Rahmen des ITS-Weltkongresses 2021 angeboten. Dem Augenschein nach wurde jedoch wesentlich langsamer als 50 km/h gefahren und es schien ein Fahrzeugbegleiter mitzufahren.[Beobachtet am 13.10.2021]
Dazu erschien am 17.5.2022 eine Pressemitteilung mit dem Titel →„Autonomes Fahren ― Innovationspartnerschaft für den ÖPNV” Sie betrifft eine ins Leben gerufene Innovationspartnerschaft zwischen der Hamburger Hochbahn AG und der ZF Friedrichshafen AG. Beide Firmen planen mit Unterstützung der Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende (BVM) in den kommenden Jahren gemeinsam die Herausforderungen an einen Realeinsatz autonomer Verkehrssysteme im öffentlichen Nahverkehr anzugehen und entsprechende Lösungen für einen Regelbetrieb weiter zu entwickeln.
Im europäischen Vergaberecht ist die Innovationspartnerschaft ein spezifisches Beschaffungsverfahren. Ihr Ziel ist die Entwicklung eines innovativen Produkts oder einer innovativen Leistung und der anschließenden Erwerb der daraus hervorgehenden Leistungen.[→Wikipedia, Suchbegriff Innovationspartnerschaft, Abruf 18.5.2022]