Anfang 1909 wurde der Vertrag über die Betriebskonzession zwischen dem Hamburger Staat und den beiden Bauträgern unterzeichnet.
Man hatte sich für einen Standort unmittelbar neben dem zukünftigen Betriebsbahnhof am Barmbeker Stichkanal entschieden. Hier bestand die Möglichkeit eines Gleisanschlusses an den Güterbahnhof Barmbek. Außerdem konnte die benötigte Kohle mit Schuten auf dem Wasserwege angeliefert werden. Und auch das für den Betrieb der Dampfturbinen benötigte Kühlwassser ließ sich über den Barmbeker Stichkanal be- und entsorgen. Der Pachtvertrag für das Grundstück wurde im Frühjahr 1910 unterzeichnet. Im gleichen Jahr begann der Bau.
Die Architekten Schaudt und Puritz entwarfen zwei nebeneinander stehende Hallen: Das Kesselhaus (54 * 39 m) und das Maschinenhaus (54 * 26 m).
| Die beiden Schornsteine fußten innerhalb des Kesselhauses. Sie waren 80 m hoch und hatten oben 4 m lichten Durchmesser.
Zur gleichen Zeit entstand in der Nähe der Hamburger Stadtpark. Die Architekten achteten deshalb auf eine ansprechende Gestaltung der Fassade und der beiden Schornsteine. So wurde jeder der beiden 80 m hohen Schornsteine im unteren Teil mit 13 m hohen Halbsäulen geschmückt und der obere Teil erhielt ein die Schornsteinhöhe hervorhebendes Ziegelmuster. |
Die Turbodynamos der Erstausstattung und die Turbodynamos für die späteren Erweiterungen lieferte die AEG.[Turbodynamo: Stromgenerator, der unmittelbar von einer Turbine angetrieben wird]
Der Barmbeker Stichkanal war 1910 fertig gestellt. Das kalte Kühlwasser wurde aus ihm entnommen. Allerdings bewegte sich das Wasser im Stichkanal so gut wie nicht. Deshalb musste das verbrauchte warme Kühlwasser mittels eines 300 m langen Dükers in den Osterbekkanal geleitet werden.
Die Kohle wurde über den Stichkanal mit Schuten und über das vom Güterbahnhof Barmbek der (Preußischen) Staatsbahn kommenden Anschlussgleis mit Bahnwagons angeliefert. Eine auf Kranschienen verfahrbare elektrisch angetriebene Verladebrücke von 55 m Stützweite trug eine 82,5 m lange Katzenlaufbahn. Sie entlud die Schuten und bediente den Kohlelagerplatz. Ihr Greifer fasste 2 m³. Der Kohlelagerplatz hatte ein Fassungsvermögen ausreichend für ein Vierteljahr.
Unter dem Lagerplatz befanden sich zwei unterirdische Kohleförderungstunnel. Die auf dem Lagerplatz angehäuften Kohlen konnten durch Klappen in einen der beiden unterirdischen Kohleförderungskanäle rutschen. Sie wurden von dort aus stetig zum Kesselhaus befördert. Mittels eines Becherwerkes wurden dann die auf Haselnußgröße zerkleinerten Kohlen kontinuierlich den Kettenrosten zugeführt. Sie wurden automatisch langsam in die Feuerung gebracht, entgast und dann verbrannt. Die Zuführungsanlage schaffte stündlich 20 t Kohle.
Im Kesselhaus war Platz für acht Kessel vorgesehen. Anfänglich wurden fünf Kessel aufgestellt. Sie versorgten zwei Turbodynamos zu jeweils 2 MW und einen Turbodynamo zu 4 MW Leistung.
Die Kessel lieferten Dampf von 300° C bei 15 bar Überdruck.[27, Seite 102]
Das Kraftwerk erzeugte Drehstrom von 6000 Volt Spannung mit 50 Hertz. Der Drehstrom wurde in Unterwerken in Gleichstrom von 800 Volt gewandelt und in die Strom- und Fahrschienen eingespeist. Anfänglich kam die Hochbahn mit zwei Unterwerken aus: Ein Unterwerk war unterirdisch an der Haltestelle Hauptbahnhof, das andere an der Heilwigstraße in der Nähe der Haltestelle Kellinghusenstraße eingerichtet worden.
Mit der Ausweitung des Hochbahnbetriebs musste auch das Kraftwerk erweitert werden. 1914 oder 1915 kam ein vierter Turbodynamo mit 6 MW hinzu. Erst zu dieser Zeit war der zweite Schornstein hochgezogen. Mit den HEW wurde 1915 ein Vertrag über die gegenseitige Stromlieferung bei Störungen oder zusätzlichem Bedarf abgeschlossen. Dafür wurde im Hochbahnkraftwerk eine 6 kV Schaltanlage eingerichtet.
Die Walddörferbahn wurde am 6.9.1920 zunächst eingleisig zwischen Barmbek und Volksdorf eröffnet. Der Strommehrbedarf konnte vom Hochbahnkraftwerk gedeckt werden. Die HHA und die HEW hatten 1920 vereinbart, dass die HEW gegen Gewährung von 770 Vorzugsaktien der Kleinbahn Altrahlstedt Volksdorf AG in Volksdorf ein an das HEW-Hochspannungsnetz angeschlossenes Unterwerk bauen sollten. Die HHA verzichtete auf das Recht, Strom für die Walddörferbahn und die Kleinbahn aus ihrem Hochbahnkraftwerk zu liefern. Das HEW-Unterwerk wurde am 5.10.1921 angeschlossen.
Ab 1922 bis 1928 wurde die Kapazität des Hochbahnkraftwerkes erweitert. 1926 wurde eine 2 MW Turbodynamoanlage durch eine 10 MW-Anlage ersetzt. Somit konnte das Kraftwerk 22 MW liefern. 1927 ersetzte ein weitere 10 MW-Turbodynamo den noch vorhandene 2 MW-Turbodynamo. Somit konnte das Kraftwerk 30 MW liefern. Damit war der Ausbau des Kraftwerks beendet.
Im Jahre 1923 betrug die Gesamtmaschinenleistung des Kraftwerks 13900 kW. Für die Erzeugung von 1 kWh wurden 1,14 kg Kohle verbraucht. Deren Heizwert ist mit 6360 kcal/kg angegeben.[46, Seite 21] Daraus errechnet sich für das Kraftwerk ein Gesamtwirkungsgrad von 11,86%.[100*860/(1,14*6360)]
Das Hochbahnkraftwerk lieferte Heizleistung auch für den Betriebsbahnhof Barmbek. Die Heizung wurde so benutzt, dass folgende Innentemperaturen nicht überschritten werden durften:
Für die Auszahlung der Jahresdividende 1933 fehlte der HHA das Geld. Anleiheverhandlungen führten zu keinem befriedigenden Ergebnis. Die HHA verkaufte ihr Kraftwerk per 31.12.1934 an die HEW. Der in Raten bis Ende 1937 zu zahlende Kaufpreis betrug 5,752 Mio RM.
Die HEW betrieben das Kraftwerk zunächst noch ungefähr ein Jahr weiter. Dann wurden die beiden Schornsteine abgebrochen. Die beiden modernsten Babcock-Kessel wurden 1937 in das HEW-Kraftwerk Karoline in Hamburg-St. Pauli eingebaut. („Karoline” wurde 1989 stillgelegt).
Auf dem Gelände der U-Bahn-Hauptwerkstatt Barmbek ist das Kesselhaus noch vorhanden. In ihm sind Werkstätten und Büroräume untergebracht.
![]() Betriebsbahnhof Barmbeck der Hamburger Hochbahn, Oktober 1915 |
Den linken Vordergrund des Fotos dominiert die 8-gleisige Wagenhalle 4. Rechts im Bildhintergrund ist die 8-gleisige Wagenhalle 1 und die angrenzende Hälfte der Wagenhalle 2 zu sehen. Allen gezeigten Wagenhallen ist gemeinsam, dass unter einem Dachgiebel genau 4 Gleistore untergebracht sind.
Die breiten Schrifttafeln über den jeweils vier Toren der Wagenhalle 4 zeigen unterschiedliche Texte. Der Text auf der Tafel über den linken vier Toren lautet ACHTUNG 5 METER VOR DER HALLE HALTEN
. Auf der Tafel über den vier Toren rechts daneben steht EINFAHRT IN SCHRITTGESCHWINDIGKEIT