Bahngeschichtliches aus Hamburg und Altona:
Die Altonaer Hafenbahn („Schellfischtunnel”)

Quellen für diesen Teil u.a.:
Informationstafel am Tunneleingang in Altona
[7, Seite 153], [8, Seite 24], [123, Seiten 34 – 42], [155]

Problematisch war die Güterstrecke zum Altonaer Hafen. 1845 erbaute die Eisenbahngesellschaft Kaianlagen an der Elbe und verband diese mit dem Bahnhof.

Dazu mussten 30 Höhenmeter überwunden werden. Die Gleisverbindung verlief auf einer steilen Rampe mit einer Steigung von 1:6,5. Zur Überwindung der steilen Rampe setzte man ein von Pferden angetriebenes Göpelwerk ein. Die Güterwagons wurden an einem Seilzug zum Kai hinabgelassen. Zum Heraufziehen wurden sie einzeln auf einen Rollschlitten gesetzt.

Für Fuhrwerke wurde eine weniger steile Rampenstraße gebaut. Sie hatte eine Steigung von 1:18.

1849 wurde der Pferdegöpel durch eine stationäre Dampfmaschine in einem Maschinenhaus abgelöst. Die Förderkapazität konnte so auf bis zu 80 Güterwagen pro Tag erhöht werden.

Am 18.Januar 1876 wurde die Rampenstrecke der Bahn durch eine Tunnelstrecke von 395 m Länge bei 1:36 Steigung ersetzt. Über dem hafenseitigen Tunnelportal erinnert eine Plakette mit der Jahreszahl 1874 an den Baubeginn des Tunnels.

1895 wurde der Altonaer Bahnhof nach Norden verlegt. Damit keine oberirdische Bahnstrecke Altona und Ottensen trennt, wurde auch die jetzt erforderliche Verlängerung der Güterstrecke im Tunnel verlegt. Der Tunnel war nun über 900 m lang (Über die tatsächliche Länge finden sich widersprüchliche Angaben. Am häufigsten findet man 951 und 961 m). Der neuere Tunnelteil verläuft unter der jetzigen Max-Brauer-Allee zwischen Elbhang und Bahnhof.

Von September 1933 bis Juni 1936 wurde der Südteil des Tunnels erneuert. Bei dieser Gelegenheit erhielt er einen neuen südlichen Tunneleingang. Rechts oben am backsteinverkleideten Tunnelportal wurde mit hervorstehenden Backsteinen ein Eisenbahnflügelrad dargestellt. Darunter befand sich in Frakturschrift „Tunnellänge 920,2 m ― Erbaut 1874 ― Erneuert 1933–36”. Die Inschrift ist kaum noch zu erahnen.

Während des Krieges suchte die Bevölkerung in dem eigentlich dafür ungeeigneten Tunnel Schutz vor den Fliegerbomben.

Der Bahnbetrieb im Tunnel begann mit Dampfloks. Nach der Tunnelverlängerung zog der Rauch der Loks unbefriedigend ab. Von 1911 bis 1954/1955 wurde die Tunnelbahn elektrisch mit Wechselstrom zunächst 3 kV und 25 Hertz befahren. Dies ist halbe Spannung und die gleiche Frequenz des für die damalige Hamburger Wechselstrom-S-Bahn erzeugten elektrischen Stromes. Dank verbesserter Technik konnte man 1932 auf 6,3 kV umstellen. Der Strom kam aus dem bahneigenen Kohlekraftwerk in der Leverkusenstraße in Bahrenfeld. Jenes Kraftwerk versorgte die S-Bahn und die Altonaer Hafenbahn mit Wechselstrom. Am 22.5.1955 war jedoch die Umstellung der S-Bahn von Wechsel- auf Gleichstrom abgeschlossen und das Kraftwerk konnte stillgelegt werden.[9, Seite 59]

»Die beiden E-Loks der Hafenbahn […] traten im Frühjahr 1954 ihre letzte Fahrt an.«[155, Seite 43] Anschließend, allerdings nur kurz, bis Ende 1956, wurden erneut Dampflokomotiven eingesetzt. Danach wurde die Strecke bis zu ihrer Stilllegung 1992 mit Diesellokomotiven befahren.

Zur Stilllegung kam es, da der Güterverkehr durch den Tunnel abnahm ― der Transport per LKW war praktischer. Ende der 1980er zählte man nur noch rund 100 Güterwagons pro Jahr.

Noch vor der Stilllegung gründete sich der „Verein zur Rettung der Hafenbahn Hamburg Altona e.V.”. Er wollte die Strecke als Museumsbahn nutzen. 1998 stellte man fest, dass der marode Tunnel einsturzgefährdet ist. Die Stadt hatte sich jedoch für den Erhalt des Tunnels als Baudenkmal entschieden. Für rund 3,5 Mio. € wurde er saniert und mit einem Mantel aus Beton und Stahl stabilisiert.

Schellfischbahn, Tunnelportal (21.4.2005) Der Tunnel ist somit weiterhin erhalten, wird jedoch ― genau wie die Gleisanlagen am Altonaer Fischereihafen ― nicht mehr benutzt. Eine erneute Nutzung des Tunnels für den öffentlichen Personenverkehr zwischen dem Altonaer Bahnhof und dem Gebiete um die Große Elbstraße wurde untersucht und im April 2005 aus Kostengründen verworfen.

Der Schellfischtunnel (ausführlich) bei www.unter-hamburg.de

Schellfischbahn, Detail am Tunnelportal
Tunnelportal am Altonaer Elbhang (21.4.2005). Rechts oberhalb des Gittertors ist das gemauerte Flügelrad zu erkennen.
Letztes Upload: 25.03.2023 um 04:48:50 • Impressum und Datenschutzerklärung