Bahngeschichtliches aus Hamburg und Altona:
Die Alstertalbahn

Ein Jahr nach Unterzeichnung des „Ohlsdorfer Vertrags” bildete sich am 12.Dezember 1905 eine Interessengemeinscaft zur Verlängerung der Vorortbahn über Ohlsdorf hinaus nach Norden.

Die Interessenvertretung beauftragte Havestadt & Contag in Berlin mit der Ausarbeitung eines Alstertalbahnprojektes. Der Entwurf sah eine Verlängerung der Vorortbahn nach Poppenbüttel vor. In Poppenbüttel sollten die Züge geteilt werden. Eine Zughälfte sollte nach Volksdorf, die andere nach Wohldorf weiterfahren.

Alstertalbahn, Entwurf 1909 Der Entwurf für die Alstertalbahn. Nur der schwarze Teil der Strecke wurde realisiert.
Am 4.Mai 1908 wurde die „Alstertalbahn GmbH” gegründet. Sie schloss mit der Firma Siemens eine Vorvertrag ab. Demnach sollte die Alstertalbahn genauso elektrifiziert werden wie die Stadt- und Vorortbahn. Die fertige Alstertalbahn sollte der Staatsbahn unentgeltlich geschenkt werden. Die Verhandlungen mit Hamburg und Preußen führten jedoch lediglich zu einem Kompromiss: Nur der Streckenteil von Ohlsdorf bis Poppenbüttel solle vorerst gebaut werden. Erweiterungen müssten von Hamburg gesondert genehmigt werden. Innerhalb von drei Jahren nach Erhalt der Konzession müsse die Bahn bis Poppenbüttel in Betrieb genommen worden sein.

Die Hamburger Konzession wurde am 3.12.1912, die preußische am 31.3.1913 erteilt. Somit müsste bis zum 31.3.1916 der Betrieb aufgenommen werden. Der Vertrag sah vor, dass die Bahnstrecke nach Fertigstellung unentgeltlich der preußischen Staatsbahn zu übergeben wäre. Diese würde den Betrieb abwickeln.

Aus der „Alstertalbahn GmbH” war mittlerweile die „Alstertalbahn-Aktien-Gesellschaft” (ABAG) geworden. Der fast einzige Aktionär war die „Alstertal-Terrain-Aktiengesellschaft” (ATAG). Die ATAG hatte knapp 400 Hektar im Alstertal aufgekauft und erwartete aufgrund der neuen Bahn erhebliche Wertsteigerungen bei den Grundstücken und somit schöne Gewinne aus den Grundstücksverkäufen. Zum Größenvergleich: Der Ohlsdorfer Friedhof ist knapp 400 Hektar groß.

Den Bauauftrag erhielt 1913 die Berliner Tiefbaufirma Julius Berger AG (Berlin). Diese Firma übernahm 1914 auch den Bau der Langenhorner Strecke der Hochbahn.

Der Erste Weltkrieg führte zu Arbeiter- und Materialmangel. Der Bau machte zu langsame Fortschritte, kaum jemand wollte im Alstertal Grundstücke erwerben. Der Gesellschaft wurde eine Verlängerung der Fertigstellungsfrist auf 6  Monate nach Kriegsende zugestanden.

Im August 1917 begann der Güterverkehr auf der Strecke. Ende 1917 konnte die Landespolizei die vorerst eingleisige Strecke abnehmen. Am 15.Januar 1918 begann der provisorische Personenverkehr mit Benzoltriebwagen. Ein elektrischer Betrieb war nicht möglich, da keine Fahrleitung aufgebaut war ― wegen des Krieges stand kein Kupfer zur Verfügung.

Am 28.6.1919 wurde der Versailler Vertrag unterzeichnet, am 10.1.1920 wurde er ratifiziert. Nun hatte die ABAG noch 6 Monate Frist zur vollen Inbetriebnahme ihrer Bahn. Allerdings hatte sie nicht mehr genug Geld und konnte den Weiterbau nicht finanzieren. Die Versuche zur Rettung der ABAG scheiterten. Die ATAG ging am 10.11.1920 in Liquidation. Der Kreis Stormarn übernahm 1922 von der ATAG die Aktien der ABAG und stellte die Alstertalbahn fertig. Auch ließ der Kreis Stormarn das zweite Gleis und den Fahrdraht verlegen. Ab dem 12.3.1924 fuhren die elektrische Triebwagen der Wechselstrom-S-Bahn bis nach Poppenbüttel.

1940 erhielt der Streckenabschnitt der ehemaligen Alstertalbahn noch einmal einen besonderen Status. Am 22.4.1940 wurde zwischen Ohlsdorf und Poppenbüttel der regelmäßige Fahrgastverkehr mit vier Zügen der neuen Gleichstromzuggarnituren ET/EM171 aufgenommen. Erst im Zeitraum vom 15.Juli 1940 bis 10.April 1941 konnte der Rest der S-Bahn-Strecke bis Blankenese für den Gleichstrombetrieb ausgerüstet werden.


Überwiegend verwendete Quelle: [15 ergänzt mit 18,Seite 76]
Letztes Upload: 05.01.2023 um 14:30:00 • Impressum und Datenschutzerklärung