Straßenbahnen in Hamburg:
Die ersten Jahre der Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn-Gesellschaft (später AKN)

Das Himmelmoor bei Quickborn war von der Himmelmoor Preßtorf- und Preßtorfkohlenfabrik H.G. Nothnagel & Co. gepachtet. Deren Inhaber machten zum 5.4.1880 eine Eingabe an die Stadt Altona:[146, Seiten 6 und 7, Rechtschreibung angepasst]
»Die gehorsamst unterzeichnete Firma beabsichtigt eine schmalspurige Eisenbahn von Altona über Eidelstedt, Quickborn, die Hoffnung nach Kaltenkirchen ins Leben zu rufen, und ist dazu ein Anschluss an die Altona-Kieler Eisenbahn absolut notwendig, um die Güter über- und umladen zu können.

Der einzige Platz, wo dieses Um- und Überladen der Güter ohne große Unkosten und Schwierigkeiten beschafft werden kann, ist der, der Stadt Altona gehörende Steinplatz neben dem Königl. Zollamt in der Holstenstraße.

Die Unterzeichneten wollten deshalb an die verehrlichen städtischen Collegien der Stadt Altona die ergebene bitte richten; selbige möge ihnen die Unterstützung in der Ausführung des vorerwähnten Projekts dadurch gewähren, dass sie den gedachten Steinplatz nebst Materialgebäude der noch zu bildenden Spurbahn-Gesellschaft, sobald diese sich constituiert und ins Firmenregister hierselbst eingetragen unter noch festzustellenden Bedingungen, als Eigentum unentgeltlich überlassen.«

Außerdem wurde auf die wirtschaftliche Bedeutung der projektierte Bahn für die von ihr berührten Gemeinden verwiesen. Das hatte zur Folge, dass die Stadt Altona einen großen Teil der Finanzierung der Bahn beisteuerte. Die Konzession wurde am 27.4.1883 erteilt, die Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn-Gesellschaft wurde am 9.7.1883 in das Handelsregister eingetragen.

Allerdings wollte die Stadt Altona die Möglichkeit des Übergangs der Kleinbahnfahrzeuge auf das Pferdebahnnetz erreichen, damit die Kleinbahnfahrzeuge bis an die Elbe fahren konnten. Die Bahn wurde deshalb nicht schmalspurig, sondern normalspurig gebaut und zunächst über die Holstenstraße bis zum Gählerplatz geführt. Die vorgesehene weitere Verlängerung in Richtung Elbe zum Altonaer Fischmarkt wurde jedoch nie realisiert.

Der Streckenteil Altona Nebenzollamt nach Kaltenkirchen wurde am 8.9.1884 eröffnet. Am 24.11.1884 wurde die Verlängerung Altona Nebenzollamt zum Gählerplatz eröffnet. Die Trasse zwischen Altona Nebenzollamt und Quickborn lag weitgehend im Sommerweg der Provinzialstraße Altona – Neumünster. Nur 14 km der anfänglich 36,5 km langen Strecke lagen auf eigenem Bahnkörper.

Stadtplanausschnitt Hamburg-Altona gegen 1890
Der Ausschnitt aus dem vom Archiv www.HicLeones.com(Abruf 23.9.2015) als gemeinfrei veröffentlichten Stadtplans Hamburg-Altona des Bibliographischen Instituts in Leipzig zeigt den Zustand von etwa 1890.

  • Der Bahnhof Altona steht noch am westlichen Ende der Straße Palmaille.

  • Die Trasse der Hamburg-Altonaer Verbindungsbahn führt südlich an der Holsten-Brauerei vorbei. Am 1.5.1893 wurde die neue Trasse nördlich an der Brauerei vorbei zusammen mit dem in der Karte noch nicht vermerkten Haltepunkt Holstenstraße in Betrieb genommen.

  • Die Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn hat ihren südlichen Bahnhof noch am Gählerplatz. Der Platz hieß offiziell „Gählers Platz”. Über die Schreibweise scheint keine Einigkeit zu bestehen. Er wird entweder als Gählersplatz oder als Gählerplatz bezeichnet. (Da er nach dem Altonaer Bürgermeister Gähler benannt wurde, habe ich mich für Gählerplatz entschieden.) Im Oktober 1893 stellte die Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn ihren Betrieb auf dem Streckenteil durch die Holstenstraße südlich der alten Trasse der Verbindungsbahn zum Bahnhof Gählers Platz ein.[48, Seite 260 und 146, Seite 14]
    Bereits seit dem 28.9.1883 befuhr die Pferdebahn der Hamburg Altona North Western Tramways Compagnie zwischen der Großen Rosenstraße und Allee die Holstenstraße. Ab Sommer 1893 fuhr sie - nun als Hamburg-Altonaer Trambahn Gesellschaft - durch die Holstenstraße bis zum neuen Haltepunkt Holstenstraße der Verbindungsbahn.[48, Seiten 260, 385 und 386] sowie Linie 29

  • Beim Bahnhof Nebenzollamt ist in der Karte kein Name vermerkt. Bei Eröffnung der Altona-Kaltenkirchener Bahn waren Altona und Hamburg ein gemeinsames Zollfreigebiet. Allerdings wurde Hamburg (und wohl auch Altona) am 15.10.1888 an das Zollgebiet des Deutschen Reiches angeschlossen, so dass das Nebenzollamt ab dann wohl nicht mehr benötigt wurde. Am 29.10.1888 wurde der Freihafen in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. feierlich eingeweiht. Entsprechend ist in der vollständigen Karte auch die Grenze des Freihafengebiets eingetragen.

  • Als kaum erkennbare schwachgrüne Linie ist die Schleifenfahrt der Hamburg-Altonaer Pferdebahn-Gesellschaft eingetragen: Es ist das Beinahedreieck durch der Große Bergstraße, die Bahnhofstraße und die Königstraße.

  • Nördlich der Ecke Große Bergstraße mit Bahnhofstraße ist das Pferdebahndepot Schützenhof lapidar als „Pferdebahn-Depot” eingetragen. Nicht eingetragen ist das Depot der Altonaer & Northwestern Tramway Co Ltd. an der Ecke Große Gärtnerstraße und Adolfstraße. Die Große Gärtnerstraße trifft an an der südöstlichen Ecke des Evang. Kirchhofs auf die Wohler's Allee und die Norderreihe.
Die Stationen der Bahn waren 1884:[66,Seite 6 und 29]
Stationen 1884Streckenkilometer, Anmerkungen
Bhf=Bahnhof, Hp=Haltepunkt, Hst=Haltestelle
Die Zuordnung Bhf/Hp/Hst ist dem Geschäftsbericht der Bahn für das Rechnungsjahr 1892/1893 entnommen bzw. wurde aus diesem abgeleitet.
Hst Altona-Gählers Platz0
Bhf Altona-Nebenzollamt1,0 Güterschuppen, Zollabwicklung
Hp Eimsbüttel2,1 beim Eimsbütteler Markt
Hst Langenfelde3,9
Hp Stellingen5,0
Hst Eidelstedt7,4 nördlich des Eidelstedter Platzes
Hst Schnelsen10,0
Hst Rugenbergen13,3
Bhf Hasloh16,6 mit Ausweiche
Bhf Quickbornnördlich von Quickborn beginnt der eigene Bahnkörper
Bhf Ellerau
Bhf Ulzburg
Bhf Kaltenkirchen 36
Die Teilstrecke Altona-Gählerplatz bis Altona-Nebenzollamt wurde im Schritttempo befahren. Für die Gesamtstrecke betrug die Fahrdauer 2 Stunden 24 Minuten[www.gleismann.de/6.akn/a1.5.html, Abruf am 24.9.2015]. Der Fahrpreis in der 3.Klasse belief sich auf 1,70 Mark
Bei der ursprünglichen Realisierung der Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn hatte man die Sparsamkeit übertrieben. Der Oberbau war mit leichten Schienen ausgeführt worden und die Trasse lag weitgehend im Sommerweg der Provinzialstraße Altona – Neumünster. Die Trassenführung in der Straße hatte geringe Krümmungsradien und den Einsatz von Trambahnlokomotiven zur Folge. Die bei Inbetriebnahme beschafften vollständig umkleideten überdachten Trambahnlokomotiven waren zweiachsig und hatten 12 t Eigengewicht.[146, Seite 24]

Laut Geschäftsbericht der Bahn für das Rechnungsjahr 1892/1893 waren am Ende des Geschäftsjahres vorhanden:

Die Güterwagen waren kurz und hatten ― wie auch die Lokomotiven ― Mittelpufferkupplung. Sie waren dadurch zum Befahren der engen Krümmungsradien bestens geeignet und für einen Übergang auf Staatsbahnstrecken ungeeignet. Das Frachtgut musste zwischen der Staatsbahn und der Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn umgeladen werden.

Einige Jahre später wollte man die Bahnstrecke im Norden um 12 km bis nach Bad Bramstedt verlängern. Bei dieser Gelegenheit sollte die vorhandene Strecke ertüchtigt werden. Die Konzession für Beides wurde am am 10.5.1897 erteilt. Schon am 20.8.1898 bekam Bad Bramstedt seinen Eisenbahnanschluss.

Am 1.4.1902 wurde in Eidelstedt eine Gleisverbindung zur Staatsbahn geschaffen. Damit war ein direkter Wagonübergang zwischen Staatsbahn und Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn möglich. Angeblich waren bereits zuvor einige Fahrzeuge mit zwei Puffern ausgerüstet worden. Noch 1907 waren jedoch Einzelpufferzüge bei der Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn in Betrieb.[146, Foto vom 1907 auf Seite 6]

Wegen der Trassenführung in der Provinzialstraße war die Höchstgeschwindigkeit auf 20 km/h begrenzt. Die Bahn sollte bis nach Neumünster verlängert werden. Vor Erteilung einer Genehmigung für die Verlängerung war eine Auflage zu erfüllen: Die Strecke musste auf einen eigenen Bahnkörper verlegt werden. Dies geschah in den Jahren 1911 und 1912. Gleichzeitig wurden einige Bahnhofsgebäude an der Strecke neu errichtet. Ab dem 17.12.1912 konnten die Personenzüge die Strecke mit maximal 40 km/h befahren.

Damit hatte die Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn den Charakter einer Überlandstraßenbahn verloren und der zugeordnete senkrechte grüne Balken in der Straßenbahnienchronik endet mit dem Jahre 1912.

An der Verlängerung der Strecke bis nach Neumünster wurde ab dem Frühjahr 1915 gebaut. Zum 1.8.1916 wurde sie in Betrieb genommen. Erst am 31.3.1953 konnte die für den Personenverkehr gewünschte Verlängerung in den Bahnhof Neumünster in Betrieb genommen werden.


Weblinks:
Einige Geschäftsberichte sind im Göttinger Digitalisierungszentrum unter dem Suchbegriff „Altona-Kaltenkirchener” zu finden.
Ausführliches zur AKN findet sich auf Gleismannsbahnhof Gleis 6
Letztes Upload: 25.03.2023 um 04:48:46 • Impressum und Datenschutzerklärung