Straßenbahnen in Hamburg:
Die Pferdeeisenbahn-Gesellschaft (PEG)

Spottgedichte und Spottlieder auf die Pferdebahn
In Hamburg ist's gemütlich
auf der Pferdebahn.
Der eine Gaul der zieht nicht,
der andere der ist lahm.

Der Kutscher der ist bucklig,
die Räder die sind krumm,
und alle fünf Minuten,
da kippt der Wagen um.
In Hamburg ist's gemütlich,
da gibt es eine Pferdebahn.
Das eine Pferd das zieht nicht,
das andere das ist lahm.

Der Kutscher der ist spaßig,
die Schienen die sind krumm
und alle fünf Minuten,
da kippt die Karre um.
Alternative zweite Strophe:

Der Kondukteur ist patzig,
der Kutscher kann nicht sehn
und alle fünf Minuten,
bleibt die Karre stehn.

Rechts: Um 1885 überlieferte volkstümliche
Fortsetzung eines Liedchens mit Kehrreim
(Chansonette „Auf der Pferdebahn” von
W. Dalatkiewicz und R. Thiele,
Soubretten-Album Nr. 53).

Fahr´n wa so jemütlich
uff de Pferdebahn.
Det eene Pferd, det zieht nich,
det andre, det is lahn.
Der Kutscher kann nich fahren,
der Konduktör nich sehn
und alle fünf Minuten
bleibt die Karre stehn

Et sitzt sich so jemütlich
in de Pferdebahn.
Stillvergnügt und friedlich
fängt man Bekanntschaft an.
So dicht heranzurücken
an nette junge Herrn,
das Drängeln und das Drücken
hab ich gar zu gern

Ach, wie ist's gemütlich in der Pferdebahn.
Das eine Pferd das zieht nicht, das andere, das ist lahm.

Der Kontrolleur ist bucklig, der Kutscher kann nicht sehn
und alle fünf Minuten bleibt der Rumpelkasten stehn.

Hurra, so ruft ein junger Mann, ich steig in'n Rumpelkasten ein
denn in der Pferdebahn, da kann es recht gemütlich sein.

Gütlich ist's, entzückend in der Pferdebahn
kann man so schon sich drücken, an die jungen Dam'n,
und ist der Platz auch enge und der Wagen klein,
kann man im Gedränge noch so selig sein.

Quelle für das letzte Spottgedicht: [99, 1/1954]

Hinweise:
PEG
= Pferdeeisenbahn-Gesellschaft
SEG = Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft

Die Straßennamen weiter unten hinter Strecke sind in der damaligen Schreibweise genannt. Da Wandsbek und Hamburg damals zwei Städte waren, können Straßennamen doppelt vorkommen. Deshalb tragen die Wandsbeker Straßennamen den Hinweis „in Wandsbek”.

Die Kombination aus Ortsnamen mit der Endung er und Straße wurde damals zusammen geschrieben. Tal und Tor wurden mit einem Th geschrieben.

Die Angaben zur 1900 eingeführten Liniennummer entsprechen denjenigen aus [16].


Die Schreibweise von Orts- und Straßennamen war in Hamburg anders als im benachbarten preußischen Bereich. So wurde in Hamburg die Endung -beck mit ck geschrieben, in Preußen dagegen nur mit k.

Zu Beginn der Pferdebahnzeit wurde jedoch auch im damals preußischen Wandsbek die Schreibweise mit ck verwendet. Am 1.9.1877 verordnete die preußische Regierung eine Änderung der Rechtschreibung. Diese betraf auch die Änderung der Schreibweise der Endung 'beck' in 'bek'. In der Freien und Hansestadt Hamburg galt diese Anordnung nicht, denn Hamburg gehörte nicht zu Preußen.

Der Magistrat in Wandsbeck war aufmüpfig. Am 20.August 1879 wies er den Stadtrat an, weiterhin 'Wandsbeck' zu schreiben. Der Stadtrat erstattete Bericht beim Landrat. Dieser wiederum veranlasste den Magistrat, seine Anweisung vom 20.August 1879 zurück zu nehmen. Das Unterwerfungsschreiben des Magistrats an den Landrat trägt als Datum den 8.Oktober 1879. Seitdem wird Wandsbek in ganz Preußen ohne c geschrieben.


„Das neue Hamburg” schrieb zur Eröffnung der Pferdebahn: Auf einem […] Schienengeleise in der Mitte der Straße, welches sich genau dem Niveau des Straßenpflasters anschließt, also den übrigen Wagenverkehr gar nicht behindert, bewegen sich die, von Pferden gezogenen Bahnwagen; und zwar in Folge der verminderten Reibung mit geringerem Kraftaufwande als gewöhnliche Wagen auf holperigem Straßenpflaster.[4,Seite 10 und 13]

Nach 1865 entstanden überall in Deutschland sogenannte Pferdeeisenbahngesellschaften. Bis 1892 zählte man 84 solcher Gründungen. Die Wagen fuhren meist ein- oder zweispännig; die größeren besaßen ein offenes Oberdeck, zu dem eine gewundene Treppe führte und dessen Betreten weiblichen Personen »aus Gründen der Schicklichkeit« untersagt war.[37, Seite 119]


Hamburg und Wandsbek kamen nach Berlin und Charlottenburg als dritte und vierte deutsche Städte in den Genuss der Pferdestraßenbahn. Die Pferdestraßenbahn zwischen Hamburg und Wandsbek war die erste internationale Pferdestraßenbahn Deutschlands oder sogar weltweit!

Da Pferdestraßenbahn ein umständliches Wort ist, verwende ich im Folgenden das Wort „Pferdebahn”.

Die erste Straßenbahn Deutschlands wurde am 22.6.1865 in Berlin eröffnet. Die Linie führte anfänglich von Charlottenburg-Spandauer Straße (heute Spandauer Damm) bis zum Brandenburger Tor. Ihre Doppeldeckwagen wurden als Zweispänner gefahren. Gebaut wurde die Doppeldeckwagen (bzw. Decksitzwagen) 1865 von der Firma „Lauensteinsche Wagenbau-Gesellschaft Hamburg” für die Berliner Pferde-Eisenbahn. Die BVG besitzt einen dieser Wagen in ihrem Museumswagenpark. Da die gleiche Firma auch die Doppeldeckwagen für die „Pferdeeisenbahn-Gesellschaft zu Hamburg” baute, sahen sie sehr ähnlich aus.

Die damaligen Pferdeomnibuslinien rechneten sich am besten auf der Strecke Altona-Millerntor-Hamburg. Einige Unternehmer reichten für diese Strecke Konzessionsanträge zum Betrieb von Pferdestraßenbahnen ein. Wegen Engstellen in den Straßen wurden diese nicht genehmigt. Die potenziellen Unternehmer dachten sich andere Strecken aus.

Einer der potenziellen Pferdebahnunternehmer war der dänische Civil- und Marine-Ingenieur A.F.Møller. Ihm war bereits die Anlage einer Pferdebahn in Kopenhagen konzessioniert worden.

Sein älteste Gesuch für eine Pferdebahnkonzession in Hamburg datiert vom Jahre 1861. Er beantragte für mehrere Linien Konzessionen mit 50 Jahren Laufdauer.[16] Ende September 1862 reichte er einen Plan für eine Pferdebahnlinie nach Eimsbüttel ein. Am 5.November 1862 stellte er den förmlichen Konzessionsantrag für eine Pferdebahnlinie nach Eimsbüttel und eine nach Wandsbek.[71]

Der Hamburger Senat setzte die Gesetzesmühlen in Gang und publizierte am 28.September 1864 ein Gesetz „betreffend die Anlage von Pferde-Eisenbahnen auf Hamburgischem Gebiet”. In Artikel 8 dieses Gesetzes erhielten die Pferdebahnen gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern die absolute Vorfahrt. Nachdem das Gesetz fertig war, wurden die potenziellen Pferdebahnunternehmer aufgefordert, ihre Offerten -wohl nochmals- einzureichen.

Am lukrativsten war die Offerte vom Møller, denn er bot die höchste Konzessionsabgabe. Somit bekam er den Zuschlag. Auch die Regierung Holsteins erteilte die Konzession für das Wandsbeker Gebiet. Die Konzession sollte über 20 Jahre laufen.[16] Die Spurweite wurde mit 1435 mm festgelegt.

Zusammen mit den Firmen

gründete Møller im November 1865 die Pferdeeisenbahn-Gesellschaft in Hamburg.

Nachdem am 16.Juli 1866 die Verbindungsbahn zwischen dem Bahnhof Altona und den Fernbahnhöfen in Hamburg eröffnet wurde, begann für Hamburg und Wandsbek mit der Pferdeeisenbahn-Gesellschaft im gleichen Jahr das Zeitalter der Pferdebahn. Die „Pferdeeisenbahn-Gesellschaft zu Hamburg” wurde im Juli 1881 von der „Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft in Hamburg” aufgesogen.

Auch politisch begann für Hamburg ein neues Zeitalter. So musste man bis 1860 ein Sperrgeld zahlen, wenn man nach der Torsperre die Stadttore passieren wollte. 1860 wurde die Torsperre aufgehoben.[16] Dänemark hatte 1864 den Krieg gegen Österreich und Preußen verloren und musste Schleswig und Holstein abgeben. 1866 bekriegten sich Österreich und Preußen. Preußen siegte, und danach waren Schleswig und Holstein preußisch. 1866 wurde unter preußischer Führung der „Norddeutsche Bund” gegründet. Diesem gehörten alle deutsche (Klein-)Staaten nördlich des Mains an. Das Reich verlangte bald darauf immer intensiver den Eintritt Hamburgs in den seit 1833/1834 bestehenden „Deutschen Zollverein”.[35] 1870/71 wurde das Deutsche Reich gegründet und die innerdeutschen Grenzen wurden aufgehoben. Die Zeit von 1871 bis 1873 hat den Namen „Gründerzeit” erhalten: Viele Firmen wurden gegründet, und in den folgenden Jahren brachen viele dieser Firmen wieder zusammen (Gründerkrach). Die Gründerzeit scheint keinen Einfluss auf die Pferdeeisenbahn-Gesellschaft zu Hamburg gehabt zu haben.

Die ersten Fahrscheine im Hamburger öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV)
Vermutlich war es die PEG, die Fahrscheine im Hamburger ÖPNV eingeführt hatte. Das Wort „jetzt” im folgenden dazu passenden Zitat[48, Seite 93] bezieht sich auf das Erscheinungsdatum des darin zitierten Zeitungsartikels.
»Während man bisher auf den Omnibuslinien für sein Fahrgeld keine Quittung oder Fahrschein erhielt, finden sich jetzt auch schon Hinweise auf die Ausgabe von Einzelfahrscheinen durch die Kondukteure. Es ist dabei nicht mehr fesatzustellen, ob diese gleichzeitig mit der Eröffnung der Pferde-Eisenbahn eingeführt worden sind. Eine Folge dieser Neuerung war, dass damit auch der Kontrolleur in Aktion trat, dessen erstes Auftreten in der Reform vom 5.10.1867 folgenden Niederschlag fand:

„So ist uns nun bei einer Tour nach Wandsbeck neulich folgende Rücksichtlosigkeit gegen das Publikum unangenehm aufgefallen. Bekanntlich bekommt man bei Zahlung des Fahrgeldes eine kleine winzige Quittung, auf die man in der Regel wenig achtet. Nun steigt auf einmal ein fremder Herr in den Wagen, den man unmöglich für etwas anderes als einen ganz gewöhnlichen Fahrgast halten kann, ein behäbiger Fünfziger mit einer guthmütigen Comptoirphysiognomie. Derselbe bittet sich nun von jedem Herrn und von jeder Dame plötzlich die empfangenen Quittungen aus. Viele meinen ― und wir mit ihnen ― der Herr beliebe zu spaßen, es giebt ja solche Schäker in der Welt, die sich einen Scherz daraus machen, Leute zu düpieren. Aber nein, der wissbegierige Herr macht richtig die ganze Reihe durch und überzeugt sich, dass wir ehrliche Leute sind. Ist dies aber ― so fragen wir ― die rechte Weise zu controllieren? Zu der Maßregel selbst mag die Verwaltung ihre guten Gründe haben. Nothwendig aber erscheint es, daß der Controlleur sich durch ein äußeres Abzeichen ohne weiteres legitimiere, denn unmöglich kann man doch solch einem unbekannten Ankömmling im Gesichte absehen, ob er auch officiell berechtigt ist, sich unsere Ehrlichkeit dokumentieren zu lassen.” «

Wandsbeker Linie
Rote Wagen

16.8.1866, Hamburg Rathausmarkt – Wandsbek Zollamt, Vorgängerin der Straßenbahnlinie 1.

Die eingleisige Strecke hatte folgende Ausweichen: Ferdinandstraße, Steinthor, Lübeckerthor, Zipperlings Mühle (jetzt Reismühle), Beim Sandkrug (jetzt Sandkrug) und Hammer Steindamm.

Am Rathausmarkt befanden sich drei Abstellgleise.

Strecke: Vom Rathausmarkt über Hermannstraße – Ferdinandstraße – Glockengießerwall – Steinthorbrücke – Steindamm – Lübeckerthor – Lübeckerstraße – Wandsbeckerchaussee – in Wandsbek: Hamburgerstraße – Lübeckerstraße.

24.10.1866, Zweiglinie zum Bahnhof Wandsbek

Strecke: in Wandsbek von der Lübeckerstraße abzweigend durch die Marktstraße, die Schloß- und Rennbahnstraße kreuzend bis zum Bahnhof Wandsbek. Der jetzige Name der Rennbahnstraße in diesem Bereich ist Neumann-Reichardt-Straße. Die damalige Reichardt-Schokoladenfabrik lag in der Nähe.

Diese Zweiglinie wurde am 14.10.1894 eingestellt.

18.12.1869, Zweiglinie nach Groß-Jüthorn, eingestellt als letzte Pferdebahn im Hamburger Bereich am 27.12.1922

Strecke: Am Wandsbeker Marktplatz in die Goethestraße abzweigend, die Bahngleise kreuzend am Bahnübergang in der Goethestraße,[33] dann durch die Jüthornstraße bis Groß-Jüthorn. Groß-Jüthorn war ein gern besuchter Vergnügungspark am östlichen Ende des Wandsbeker Gehölzes, an der jetzigen Rodigallee/Kielmannseggstraße gelegen. Der Park bot ein Hotelrestaurant mit Gartenlokal, Freilichtbühne und eine Radrennbahn. Die Anlage wurde 1938 geschlossen und im Zweiten Weltkrieg zerbombt.[33] Die Goethestraße gibt es nicht mehr. Ihrem Verlauf folgt jetzt die Wandsbeker Rathausbrücke. Ich vermute, dass die Endhaltestelle unmittelbar westlich der jetzigen Kielmannseggstraße (damaliger Name: Goßlerstraße) war.

1.5.1874, Zweiglinie zum Hotel Marienthal, eingestellt am 27.12.1922 Strecke: Im Zuge der Groß Jüthorner Linie bis zur Jüthornstraße, dann durch die 2. Marienstraße (jetziger Name: Schatzmeisterstraße) – 2. Lindenstraße – Octaviostraße – Parkstraße zum Hotel Marienthal. Das Hotel befand sich etwa an der jetzigen Stoltenbrücke zwischen der Octaviostraße und dem Wandsbeker Gehölz. Der offizielle Name des 1870 gebauten schloßartigen Hotels war „Waldhaus Marienthal”. 1907 erwarben es die Reichardt-Schokoladenwerke, 1917 kam es in den Besitz der Stadt Wandsbek und diente u.a. als Altersheim.[33]

Per 23.9.1899 wurde ein Schienenstrang durch die jetzige Kielmannseggstraße gelegt, der beide Strecken miteinander verband.[55]

Die Zweiglinie nach Groß-Jüthorn und die Zweiglinie nach Marienthal wurden zusamengelegt. Die Pferdebahn fuhr nun bis zur Einstellung am 27.12.1922 von der Octaviostraße durch die Kielmannseggstraße nach Groß Jüthorn. Von dort fuhr sie durch die Jüthornstraße zurück nach Wandsbek.

Wandsbeker Pferdebahnnetz 1894/1899 Bild links: Nicht so ganz logisch schaut das Netz der Pferdebahnen in Wandsbek aus![48]
Wandsbek, Juethorn, Oktaviostrasse mit Kielmannseggstraße im Februar 2005
Ich bin im Februar 2005 die Strecke zum ehemaligen Hotel Marienthal abgegangen, um nach Überresten zu suchen. Das Einzige was mir auffiel, ist ein sehr verdächtiger Parkstreifen auf der Nordseite der Oktaviostraße (damalige Schreibweise Octaviostraße), der zur Straße hin Bordsteine, zum Fußweg eine Abgrenzung u.a. aus als historisch zu bezeichnenden Steinen besitzt. Wie mich Herr Uwe Fricke informierte, wurde der Randstreifen in der Oktaviostraße von den Husaren auf dem Weg zum Übungsgelände und zurück genutzt, damit die Pferde nicht die ganze Strecke auf dem Pflaster laufen mussten. Die Oktaviostraße war zumindest bis zum Hotel Marienthal gepflastert, das Gleis verlief einspurig in der Straßenmitte.

Bei der Planung der Linie nach Eimsbüttel war die Polizeibehörde mit der vorgesehenen Führung der Strecke im Innenstadtbereich über Poststraße – Große Bleichen – Jungfernstieg – Gänsemarkt nicht einverstanden.[71] So kam es, dass die internationale Linie nach Wandsbek zuerst gebaut wurde. Es entstand in Wandsbek der Betriebshof Wendemuth für 145 Pferde und mit einem Wagenschuppen.

Lauenstein lieferte ab Mitte Mai 1866 die ersten rot lackierten Wagen. Die Wagen waren Zweirichter. An den Endhaltestellen wurde die Deichsel am anderen Wagenende eingehängt. Die zweistöckigen Wagen boten Platz für 56 Personen, wobei das Oberdeck ausschließlich den Herren vorbehalten blieb.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Angabe mit 56 Personen korrekt ist. In [3],[16] und [21] ist eine Polizeiverordnung von 1872 abgedruckt, die folgende Personenanzahl nennt:

  • nach Wandsbeck und Barmbeck im Wageninneren 18,
  • nach Eimsbüttel im Wageninneren 20,
  • auf Deckplätzen 18,
  • hinten beim Conducteur 7, und
  • vorn beim Kutscher 3.
Aufaddiert ergibt dies 46 oder 48, nicht jedoch 56 Personen. Andererseits ist auf einem Gemälde, welches einen von zwei Schimmeln gezogenen Doppeldeckwagen der Wandsbeker Pferdebahn darstellt, diese Aufschrift zu erkennen:
28 Deck Sitz Plätze
7 P.h.  3 P.v.

Sehr seltsam ist diese Polizeiverordnung bezüglich der Plätze im Wageninneren. Die Wagen der Wandsbeker Linie hatten ihrer Auslieferung im Inneren 18 Sitzplätze und 12 Stehplätze.[21] Dies war der „Nürnberger” Wagentyp. Der „Brüsseler” Wagentyp besaß 20 Sitzplätze im Inneren.

Querschnitt der Phönix-Rillenschiene Die Trasse wurde einspurig mit Ausweichen gebaut. Die Ausweichen waren Ferdinandstraße, Steintor, Lübecker Tor, Zipperlings Mühle, Sandkrug und Hammer Steindamm.[48, Seite 88] Für die rund 7 km lange Strecke wurden angeblich 10,579 km Schienenlänge gelegt.[16, Seite 27] Die Länge ist auffallend genau mit 33707 Fuß angegeben. Vermutlich liegt hier eine falsche Formulierung vor und es ist die Gleislänge gemeint. Das zugrundegelegte preußische Fuß ist 0,31385 m lang. Vielleicht hatte Heyden[48, Seite 88] bei seiner Angabe über die „33707 Fuß lange Strecke” jedoch das Hamburger Fuß zu 28,65 cm unterstellt.

Für die Quer- und Längsschwellen des Oberbaus wurde anfänglich das dafür wenig geeignete Tannenholz verwendet.[21] Die Schwellen waren mit Eisenwinkeln verbunden. Auf die Längsschwellen war als Schiene ein Flacheisen mit abgerundeten Ecken genagelt. Durch die Walzwirkung der Räder dehnten sich jedoch die oberen Fasern stärker und die Schienen hoben sich von der Schwelle ab. Die Schienen wurden zunächst verstärkt und später durch Eisenbahnschienen ersetzt. Die Tüfteleien und Experimente führten schließlich dazu, dass der Sohn des Erbauers, der 1870 als 18-Jähriger in den Betrieb eingetreten war und sich intensiv mit dem Gleisbau beschäftigte, seinen Vorschlag für die einteilige Rillenschiene machte. 1879 oder 1880 gelang es der Phoenix A.G. in Ruhrort tatsächlich, diese Schienenform zu walzen — das Problem war das Einwalzen der Rille. Erstmals eingesetzt wurde diese Schienenform für die Londoner Firma Kerr, Bors & Co. zur Verwendung in Plymouth. Die erste Verlegung dieser Schienen in Deutschland erfolgte 1882 in Hamburg.[3]

Die Pferde ― 70 normannische Schimmelhengste ― wurden von dem Hamburger Händler bzw. Fuhrhalter Claus Olde gemietet. Einige Jahre später, am 1.6.1870, wurde der Mietvertrag gelöst und die PEG übernahm von Claus Olde die Mietpferde. Deren Anzahl hatte sich zwischendurch erhöht.

Bereits ab Juli 1866 wurde die Strecke für Probe- und Schulungsfahrten regelmäßig bedient. Wer wollte, durfte kostenlos mitfahren — Marketing gab es schon damals!

Die besondere Probefahrt für Aktionäre, Behördenvertreter und Gäste fand am 11.August 1866 statt. Mit 8 Wagen ging es an jenem Sonntagnachmittag vom Rathausmarkt nach Wandsbek. Am 16.August 1866 war es mit den kostenlosen Probefahrten vorbei, denn der Fahrbetrieb mit zunächst 16 Wagen begann. Gefahren wurde im 12-Minuten-Takt von morgens um 8 bis fast Mitternacht. Siehe dazu: Fahrpläne und Tarife der Pferde-Eisenbahnen zu Hamburg, August 1871.

Der Betrieb lief sicher nicht reibungslos. Die ersten Weichen an den Ausweichen hatten keine Zungen, sondern der Wagen wurden durch die Pferde in die gewünschte Richtung gezogen. Dabei sollten die Wagen häufig aus den Schienen gesprungen sein. Kutscher, Kondukteur und nicht zuletzt die Fahrgäste schoben den Wagen wieder auf die Schienen. Es gab noch keine festen Haltestellen- besonders an den Straßenecken hielten Kutscher und Kondukteur Ausschau nach möglichen Fahrgästen.[37]

Das Verkehrsaufkommen auf der Wandsbeker Pferdebahnlinie war erfreulich. Die Zahl der Pferde nahm zu und man suchte Alternativen, denn die Versorgung und Betreuung von schließlich 383 Pferden war aufwändig. Von 1873 bis 1880 wurden mehrere praktische Versuche mit Dampfbetrieb unternommen.

  • Dazu baute die Firma F. Grums Wagenfabrik KG in Hamburg-Hammerbrook Ende 1873 einen doppelstöckigen Dampftriebwagen. Konstruiert wurde er von Samuel Arnold Samuelson (*24.4.1837 in Ritzebüttel bei Cuxhaven; †1.11.1913 in Schwerin). Die Probefahrten ab dem 27.12.1873 zeigten, dass der Wagen zu unruhig lief. Im Jahre 1874 wurden die Probefahrten mit ihm eingestellt.[62, Seite 7]
    Hinweis zur Firma F. Grums Wagenfabrik KG vormals Lauenstein: Als Standort wird „Repsoldstraße/ Ecke Spaldingstraße” angegeben.[132, Seite 203]
  • Als nächstes wurde in der Nacht vom 19. auf den 20.5.1876 ein Rowanscher Dampftriebwagen erprobt. Er machte einen höllischen Lärm. Mit ihm wurden bis Ende August 1876 einige trotz Nachbesserungen nur wenig erfolgreiche Testfahrten unternommen.
  • Dann baute Grums einen neuen Dampftriebwagen „System Samuelson” mit Platz für 48 Personen. Dessen Probefahrten im Sommer und Spätsommer 1877 befriedigten. Am 4.11.1877 ging er mit einem Fahrgastbeiwagen in einen fahrplanmäßigen Probebetrieb mit Fahrgästen. Auf seiner letzten Fahrt an diesem Tag brach eine Triebstange. Nach der Reparatur konnte am 10.11. sein Fahrgastprobebetrieb fortgesetzt werden.[48, Seite 120 ff] Bereits Ende November war sein Fahrgastprobebetrieb vorerst beendet, denn die Maschine erwies sich als zu kompliziert und erforderte zuviel Aufmerksamkeit. Außerdem konnte er nicht rückwärts fahren. Hinzu kam, dass F. Grums Konkurs angemeldet hatte. F. Grums wurde Anfang 1878 liquidiert. Über den Dampftriebwagen siehe den Exkurs 1877: Der Samuelson'sche Dampftriebwagen.
  • Weitere Versuche erfolgten 1878 mit zwei bei Winterthur aus der Schweiz gemieteten Lokomotiven, 1878 mit einer Lokomotive aus Großbritannien und 1880 mit einer Lokomotive von Krauss & Co. aus München.
    Zur „Lokomotive aus Großbritannien”: Die mir verfügbaren Quellen widersprechen sich hierzu. Als Hersteller wird „Kitson” oder „Kitsen” mit dem Firmensitz Leith in England oder Leith bei Edinburgh (d.h. nicht in England, sondern in Schottland) angegeben. Ich habe keine geeigneten Hersteller in einem Ort namens Leith ausfindig machen können. Jedoch existierte von 1876 bis 1938 die Firma „Kitson & Co.” in Leeds. Diese Firma baute von 1876 bis 1901 über 300 Trambahndampflokomotiven und Dampftriebwagen. Beide Ortsnamen werden fast gleich ausgesprochen, und zwar als
    • lihth für Leigh und als
    • lihds für Leeds.

    Eine 1882 gebaute Trambahndampflokomotive von „Kitson & Co.” steht im Ulster Transport Museum bei Belfast.
Man entschied sich für die Lokomotiven von Winterthur.[16]

Die allgemeine Genehmigung für den Dampfbetrieb wurde im September 1879 erteilt. 1879 wird als Beginn des fahrplanmäßigen Dampfbetriebs auf dieser Strecke angegeben. Die beiden Probelokomotiven von Winterthur wurden käuflich erworben, weitere Lokomotiven wurden von Winterthur beschafft. Ende 1883 waren es bereits 19 Lokomotiven.[71] Auch der Dampftriebwagen „System Samuelson”' konnte 1880 aus der Konkursmasse von F. Grums erworben und bis 1883 für den Fahrgastverkehr genutzt werden. 1892 wurden zwei weitere Lokomotiven von Winterthur erworben. Diese Anzahl 21 an Dampflokomotiven hat sich anscheinend bis zum Ende des Dampfbetriebes am 21.6.1897 nicht mehr verändert.

Dampflok 16 und Doppelstockbeiwagen 87 der PEG um 1885 am Wandsbeker Markt (Reproduktion eines Aquarells)

Die Lokomotiven zogen einen oder zwei Wagen. Da sie auf der Straße fuhren, waren sie entsprechend verkleidet. In Fahrtrichtung ― so ist es auch auf dem vorhergehenden Bild zu erkennen ― wurde vor die Lokomotive ein Stoßfänger gehängt, dessen Form an die Spitze eines Plätteisens erinnert. Somit erhielten die Lokomotiven den Spitznamen Plätteisen.

Die PEG und die SEG wurde mit Vertrag vom 16.6.1881 fusioniert und bestanden ab dem 1.8.1881 unter dem gemeinsamen Namen SEG fort.

Im Buch von Carsten Prange: Auf zur Reise durch Hamburgs Geschichte, Hamburg 1990 habe ich über diese Dampfstraßenbahn Folgendes gefunden:
Doch die Rauchentwicklung war für die Bevölkerung zu groß, oft scheuten die Pferde und die Zahl der Unfälle stieg.

Auf dem Hamburger Rathausmarkt treffen sich ein Wagen der Wandsbeker und ein Wagen der Barmbecker Linie (Ausschnitt aus einer Lithographie von David Martin Kanning, *1806; †1884)

Barmbecker Linie
Grüne Wagen

8.6.1867, Hamburg Rathausmarkt – Barmbeck Zollamt, Vorgängerin der Straßenbahnlinie 9

Strecke: Zunächst im Zuge der Wandsbeker Linie vom Rathausmarkt bis zur Lübeckerstraße, dann Mühlendamm – Kuhmühle – Schürbeckerstraße – Hamburgerstraße – Am Markt bis zur Osterbeck. Korrekt geschrieben wäre wohl „bis zum Osterbek”, denn die Endung „-bek” steht für Bach. Hier sträubt sich jedoch mein Sprachgefühl!

15.11.1868 bis 3.3.1869 und 7.2.1870 bis 14.3.1870 Zweiglinie Depot Schürbeck – Uhlenhorster Weg – Walhalla.

Diese Zweiglinie zum beliebten Ausflugslokal Walhalla war lediglich 500 m lang und wurde von einem Pendelwagen bedient. Die Fahrt war für die Fahrgäste kostenlos. Jedoch konnten die Fahrgäste den Weg zwischen der Innenstadt und dem Lokal schneller per Alsterdampfer zurücklegen als mit der Pferdebahn. Die Fahrgäste blieben aus. Deshalb wurde diese Pferdebahnstrecke bereits am 3.3.1869 eingestellt. Die zweite Betriebsperiode Anfang 1870 verdankt sie dem Eisgang, der die Alsterschifffahrt zum Erliegen brachte.

Das Ausflugslokal Walhalla existierte an der Ecke Hofweg mit Uhlenhorster Weg von 1860 bis zum Abriss des Gebäudes 1895.[68]

Für die Linie nach Barmbeck wurden ab November 1866 Stallungen und Wagenremisen auf dem Gelände der jetzigen U-Bahn-Station Mundsburg gebaut. 48 Pferde konnten hier untergestellt werden. Nach einem Feuer wurden 1876 76 Pferdestellplätze in diesem Depot „Schürbeck” eingerichtet.[68]

Der Fahrplan sah zunächst zwei Touren pro Stunde vor. Zwischen Rathausmarkt und Lübecker Straße benutzten die Wagen der Barmbecker Linie die eingleisige Strecke gemeinsam mit der Wandsbeker Linie. Die Wagen fuhren auch zeitlich gemeinsam, damit es keine Probleme in den Ausweichen gab. Da die Wagen der Wandsbeker Linie im Zwölf-Minuten-Takt fuhren, fuhren die Wagen der Barmbecker Linie abwechselnd im 24- und im 36-Minuten-Takt. Da sich die Fahrgastzahlen erfreulich entwickelten, wurde ab dem 1.August 1876 für die Nachmittage der 15-Minuten-Takt eingeführt.[68]

Hamburg - Eimsbüttler Pferde-Eisenbahn
Braune Wagen, Eimsbütteler Linie

„Hamburg – Eimsbüttler Pferde–Eisenbahn” — und nicht „Hamburg – Eimsbütteler Pferde–Eisenbahn” steht es in einem 1873 veröffentlichten Fahrplan.

5.9.1868, Hamburg Rathausmarkt – Eimsbüttel Marktplatz, Vorgängerin der Straßenbahnlinie 11
Strecke: Vom Rathausmarkt über Hermannstraße – Ferdinandstraße – Lombardsbrücke – Esplanade – Dammthor – Grindelallee – Schlump – Schäferkampsallee – Fruchtallee – Eimsbütteler Marktplatz.

4.5.1870, Zweiglinie nach Hoheluft, Vorgängerin der Straßenbahnlinie 2
Strecke: Im Zuge der Eimsbütteler Linie vom Rathausmarkt bis zur Grindelallee Ecke Schlump, dann über Grindelberg – Hoheluftchaussee bis zum Grenzhaus Hoheluft.

Die Pferdeeisenbahn-Gesellschaft wollte ihre dritte konzessionierte Strecke nach Eimsbüttel am Gänsemarkt beginnen lassen und durch die Dammtorstraße führen. Die Polizeibehörde war dagegen, da die Dammtorstraße keinen weiteren Verkehr aufnehmen könnte. Nach Verhandlungen einigte man sich darauf, die Strecke am Glockengießerwall aus der Wandsbeker Strecke auszufädeln. Die Strecke führte über die Lombardsbrücke und weiter durch die 1827-1830 angelegte Prachtstraße Esplanade[16][34] — das ist nicht allzu weit vom Gänsemarkt entfernt. Die damals neue steinerne Lombardsbrücke war erst am 18.Juli 1868 nur für den Straßenverkehr freigegeben worden! Erst 5 Monate später erfolgte die Freigabe für die Züge der Verbindungsbahn. Bis dann fuhren deren Züge über eine provisorische Jochbrücke.[36]

Die für die neue Pferdebahnlinie erforderlichen Stallungen und Remisen wurden am Ende der Strecke am Eimsbütteler Marktplatz in der Eduardstraße gebaut.

Die Pferdeeisenbahn-Gesellschaft erhielt von einem Eimsbütteler Verein einen Zuschuss von 12000 Talern. Der Verein organisierte am 4.September 1868 das Volksfest zur Eröffnung. Später unterhielt er fünf Wartepavillons entlang der Strecke. Man fuhr anfänglich im Halbstundentakt.[71]

Auch die Strecke durch Hoheluft an die Landesgrenze musste die Pferdeeisenbahn-Gesellschaft nicht vollständig selbst bezahlen. 15000 Taler brachten die Grundbesitzer in der Hoheluft auf, die restlichen 6000 Taler die Pferdeeisenbahn-Gesellschaft.[71]

Grenzstein Hoheluft 1789 Es fällt auf, dass diese Strecke nicht im „Zentrum” der Hoheluft endete, sondern sie wurde bis an die Landesgrenze geführt. Hier befand sich auf der kleinen Anhöhe „Hohe Luft” das beliebten Ausflugs- und Gartenlokal „Grenzhaus”.[34] Am Sonntag, besonders zu Pfingsten, war Hautpverkehrszeit auf der Strecke nach Hoheluft!
Die Stelle ist noch heute (2005) gut zu finden. Vor dem Haus Hoheluftchaussee 165/167 findet sich in einer kleinen Grünanlage der Grenzstein. Seine Beschriftung besagt:
Herrschaft Pinneberg Christian VII 1789
.[34] Hier befand sich früher eine Kehrschleife für die Straßenbahn.

Die Strecke nach Hoheluft ging am 4.Mai 1870 in Betrieb. Es fanden anfänglich 12 tägliche Fahrten je Richtung statt — davon waren 6 Fahrten durchgehend bis zum Rathausmarkt, 6 Fahrten gingen nur bis zum Schlump mit Umsteigemöglichkeit in die Eimsbütteler Linie.

Ihren Aufschwung erlebten die beiden Linien mit fortschreitender Bebauung. 1878 wurde das Pferdebahndepot in Eimsbüttel erweitert. 1883 wurde für die Linie nach Hoheluft ein kleines Pferdebahndepot in der Breitenfelder Straße gebaut.[71] Aber: 1883 existierte die Pferdeeisenbahn-Gesellschaft bereits nicht mehr.


Hammer Linie
Hellgraue Wagen

11.12.1875, Hamburg Rathausmarkt – Hamm Marktplatz, Vorgängerin der Straßenbahnlinie 17

Strecke: Im Zuge der Wandsbeker Linie vom Rathausmarkt bis zum Steinthor (Hotel Schadendorf), dann Große Allee – Beim Strohhause – Berlinerthor – Bürgerweide – Mittelstraße – Hamm Marktplatz bei der Hammer Kirche.

Die „Große Allee” heißt heute „Adenauerallee”. Das Hotel Schadendorf befand sich an der spitzen Ecke aus Steindamm und Große Allee.

Die Bürger, die an der Hammer Landstraße und an der Horner Landstraße wohnten, wollten eine Aktiengesellschaft zur Unterstützung einer Pferdebahnlinie durch diese Straßen nach Hamburg gründen. Allerdings wurden nicht genug Anteile gezeichnet: 150000 Taler wären erforderlich gewesen, nur 60000 Taler kamen 1870 zusammen.[48, Seite 107]

Eine zweite Interessengruppe hatte mehr Erfolg. Es kam nach etlichen Verhandlungen[48, Seite 107 bis 109] zur oben genannten Streckenführung. Die Dorfgemeinschaft Hamm vermietete der „Pferdeeisenbahn-Gesellschaft zu Hamburg” einen Platz auf der Bullenkoppel am Hammer Steindamm zum Bau von Stallungen und Remisen. Dies erforderte eine 600 m lange Betriebsstrecke zum neuen Betriebshof.

Letztes Upload: 27.07.2023 um 06:52:52 • Impressum und Datenschutzerklärung