![]() Londoner Pferde-Omnibus |
Im Jahre 1625 wurde in London die zweirädrige Pferdedroschke eingeführt. 1829 verkehrte in der englischen Metropole erstmals der Pferdeomnibus des Wagenbebauers George Shillibeer (*1797; †1866). Der Omnibus wurde von 3 Pferden gezogen und konnte 16 bis 18 Fahrgäste in seiner Kabine aufnehmen. Dieser Omnibus hatte keine Decksitze.[→en.wikipedia.org/wiki/George_Shillibeer]
Die nächste Innovation war die Pferdestraßenbahn, die 1832 zuerst in New York von zwei Pferden über verlegte Schienen gezogen wurde. Die erste europäische Pferdestraßenbahn folgte 1854 in Paris.
![]() Modell der „Badehose” im Museum für Hamburgische Geschichte |
Das cremefarbene Pferdeomnibusmodell im Hintergrund des Bildes stellt eines dieser ersten Fahrzeuge von Basson & Co. dar. Der Text der Aufschrift unter dem Dach lautet: **** ERSTE LINIE ****, unter den drei Seitenfenstern: Von der Steinstraße nach der Palmaille.
Die Wagen der Pferdeomnibuslinie Hohenfelde-Graskeller (Firma C.H. Soltau, C.H. Hopf Nachf., am 1.Juli 1883 umgewandelt in: Omnibus-Aktien-Gesellschaft vorm. Soltau) hießen Badehose oder Badebüx, da sie einen rot-weißen Anstrich in den Landesfarben Hamburgs hatten. Die Linie wurde am 1.3.1876 für die Strecke Hohenfelde – Graskeller eröffnet. Ab Mai 1883 hieß die Endstation Rödingsmarkt. Am 5.3.1886 wurde sie bis zum Zeughausmarkt verlängert. Eingestellt wurde die Linie zum 30.4.1890. Vorher betrieb diese Firma eine Linie Uhlenhorst – Graskeller, und zwar vom 22.Mai 1875 bis zum 30.April 1876.
![]() Eine echte „Badehose” mit Laufschild für die Strecke ab dem 5.3.1886 |
![]() Gruppenfoto Pferdeomnibus der BOAG und 23 Mann Personal um 1890, vermutlich an der Alster fotografiert |
B.O.A.G. | ||||
10 Pf | ||||
ALTONA | ST. PAULI | HAMBURG | ST.GEORG | HOHENFELDE |
PALMAILLE | BÖRSE | LÜBSCHER BAUM |
Die Pferdestraßenbahn hatte als das fortschrittlichere Verkehrsmittel die Konkurrenz besiegt. Lediglich in den Vororten hielt sich der Pferdeomnibus noch etliche Jahre. Als Beispiel sei die Pferdeomnibuslinie Ohlsdorf – Langenhorn - Ochsenzoll genannt. Sie wurde 1902 eröffnet und bis 1916 betrieben.
![]() Modell einer Pferdebahn um 1880 im Museum für Hamburgische Geschichte |
Am 18.1.1866 erwarben die gleichen Herren vom Hamburger Senat die entsprechende Genehmigung für das Hamburger Gebiet. Dabei verpflichteten sie sich, auf Hamburger Gebiet weitere Linien zu bauen: nach Wandsbek, Barmbek, Uhlenhorst und Eimsbüttel.
Mit dem Bau und dem Betrieb sind die beiden Unternehmer ein hohes Risiko eingegangen, denn sie akzeptierten eine Vorsichtsklausel: Sollten sich innerhalb der ersten beiden Betriebsjahre in der inneren Stadt (Hamburg) und nach dem Ablauf von fünf Betriebsjahren auf dem gesamten konzessionierten Verkehrsnetz Unzugänglichkeiten aus dem Straßeneisenbahnbetrieb herausstellen, so waren die Unternehmer verpflichtet, die Schienen zu entfernen und die Straßen wieder in den vorherigen Zustand zu bringen.
Die beiden nacheinander erworbenen Konzessionen wurden am 26.10.1866 auf die im November 1865 gegründete[48, Seite 87] Aktiengesellschaft namens „Pferdeeisenbahn-Gesellschaft zu Hamburg” übertragen. [2 Hinweis zur Quelle]
Bereits 1866 folgte Hamburg mit seiner ersten Pferdebahn. Daran erinnert eine Bilderecke im Heimatmuseum Wandsbek und eine rote Texttafel in der Wendemuthstraße am jetzigen Busdepot in Hamburg-Wandsbek. Ihr Textinhalt ist:
Im Jahre 1866 errichtet die „Pferdeeisenbahn-Gesellschaft
Hamburg” auf diesem Gelände des früheren Herrensitzes Wendemuth
einen Betriebshof mit Stallungen für 145 Pferde und einer Wagenhalle.
Von hier aus wurde die neue, im gleichen Jahr mit einem großen Volksfest eröffnete Pferde-Straßenbahn zwischen dem Rathausmarkt Hamburg und der Zollgrenze eröffnet. Der Wendepunkt am Keßlersweg war nach dem 2. Weltkrieg noch gut zu erkennen. Die Versorgung und Betreuung von schließlich 383 Pferden erwies sich jedoch als zu aufwändig und teuer. Die neuen Dampftriebwagen ― Plätteisen genannt ― boten ab 1877 eine Alternative. Das Depot Wendemuth wurde zum Lokomotiv-Schuppen und Wagonbetrieb umgestaltet, der später nach Falkenried verlegt wurde. Ab 1897 wurden hier die Straßenbahnen eingestellt und gewartet, heute sind es die Busse der HHA. |
Bereits ein Jahr später, am 8.6.1867, wurde eine Zweigstrecke vom Mühlendamm nach Barmbeck eröffnet. Der Inhaber der Konzession der Pferdeomnibuslinie sah keine Zukunft mehr für seinen Betrieb und handelte weise: Er verkaufte seinen Betrieb und übernahm(?) das Uhlenhorster Fährhaus.[1]
![]() Modell der Dampfstraßenbahn Rathausmarkt–Wandsbek im Museum für Hamburgische Geschichte |
Das Modell der Straßenbahn im Museum für Hamburgische Geschichte stellt den Beiwagen 54 und die Lokomotive 13 dar. In Fahrtrichtung ― so ist es auf einem Foto zu erkennen ― wurde vor die Lokomotive ein Stoßfänger gehängt, dessen Form an die Spitze eines Plätteisens erinnert.
Im Buch von Carsten Prange: Auf zur Reise durch Hamburgs Geschichte, Hamburg 1990 habe ich über diese Dampfstraßenbahn Folgendes gefunden:
Doch die Rauchentwicklung für die Bevölkerung war zu groß, oft scheuten die Pferde und die Zahl der Unfälle stieg.
![]() Pferdebahnwagen der Hamburg-Altonaer Pferdebahn-Gesellschaft neben dem Gewerbemuseum in der Brockestraße um 1890 |
| Die Beschilderung des auslenkbaren Pferdebahnwagens nennt den Verlauf St. Georg – St. Pauli – Ottensen. In dieser Länge wurde die Linie ab dem 18.8.1881 befahren. Hier wurde der elektrische Linienbetrieb gemeinsam mit der Verlängerung der Strecke bis zum Berliner Tor am 26.1.1896 von der Hamburg-Altonaer Centralbahn (HAC) aufgenommen. Ab dem 7.3.1896 wurde die Strecke nur noch elektrisch befahren.
Extra für den Betrieb dieser Linie vom Altonaer Rathaus über Reeperbahn, Millerntor, Alter Steinweg, Graskeller, Alter Wall bzw. Großer Burstah zum Rathausmarkt wurde die „Hamburg-Altonaer-Pferdebahn-Gesellschaft” gegründet. Streckeneröffnung war am 15.April 1878. Der Grund für diese „auslenkbaren” Pferdebahnwagen waren die engen Straßen in Altona. Sie ließen keine Pferdebahn zu. Der Ingenieur Keifler aus Kopenhagen ließ sich einen Pferdebahnbetrieb mit zweispännigen Wagen genehmigen. Die vier Räder hatten jedoch keinen Spurkranz, so dass die Wagen wie ein Pferdeomnibus auf dem Straßenpflaster fahren konnte. Vorne rechts am Wagen befand sich vor dessen Vorderrad ein Laufrad, das den Wagen in der Spur hielt. Es konnte angehoben werden, wenn die Schienen verlassen werden sollten. Da die Pferdebahnstrecken eingleisig waren, musste bei der Begegnung zweier Wagen ein Wagen das Gleis verlassen. Als Besonderheit sei angemerkt, dass es den auslenkbaren Wagen der „Hamburg-Altonaer-Pferdebahn-Gesellschaft” gestattet war, die langsameren Pferdestraßenbahnwagen der „Großen Hamburg-Altonaer-Straßenbahn-Gesellschaft” zu überholen. Beide Gesellschaften benutzten auf einigen Streckenabschnitten dasselbe Gleis. Die nicht auslenkbaren Wagen der Großen Hamburg-Altonaer-Straßenbahn-Gesellschaft fuhren einspännig und waren deshalb langsamer. |
![]() Möglicherweise kannte der Modellbauer das Foto vom Pferdebahnwagen 52! |
Als Perambulatorbetrieb beziehungsweise Perambulatorsystem wird eine in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts praktizierte Methode bezeichnet, die Vorteile einer Pferdestraßenbahn (geringe Rollreibung und ruhigerer Lauf) mit denjenigen eines Pferdeomnibusses (größere Flexibilität) zu verknüpfen. Dabei waren die Wagen mit vier glatten und auf den Achsen drehbaren Laufrädern ohne Spurkränze ausgestattet, während ein zusätzliches fünftes Rad als Leitrad beziehungsweise Führungsrad fungierte und die Spur hielt. Perambulatorwagen sind somit eine frühe Form eines Zweiwegefahrzeugs, eines Spurbusses beziehungsweise einer Tramway sur pneumatiques. Letztlich konnte sich der Perambulatorbetrieb nirgendwo dauerhaft gegenüber der herkömmlichen (Pferde-)Straßenbahn durchsetzen. Der Name Perambulator stammt von lateinisch per = mit, mittels, durch und ambulare = reisen, wandern; demzufolge in etwa: Auslenkbetrieb beziehungsweise Auslenkwagen.[→Deutsche Wikipedia, Suchwort Perambulatorbetrieb, Abruf 10.6.2020]
![]() Modell eines Triebwagens der Straßenbahnlinie „Ringbahn” im Museum für Hamburgische Geschichte |
Ab dem 14. Juni 1881 wurde die Ringbahn durch die innere Stadt eingeführt. Sie fuhr zunächst als Pferdebahn.
Insgesamt waren in Hamburg die Pferdebahnen vom 16.8.1866 bis zum 18.12.1922 in Betrieb. Als Wagen wurden Ein- und Zweidecker (mit Obergeschoss) mit einem oder zwei Pferden verwendet. Die einspännige Pferdebahn in Hamburg bot für die Fahrgäste 12 Sitzplätze. Die tägliche Arbeitszeit eines Pferdes betrug 3 bis 4 Stunden. In dieser Zeit wurden etwa 25 km Fahrstrecke zurückgelegt. Die Arbeitszeit der Kutscher und der Schaffner war länger ― bis zu 15 Stunden täglich!
Die Pferde bei der Wandsbeker Pferdebahn waren nach 2 Jahren abgearbeitet und wurden ersetzt. Der US-amerikanische Autor Theodore Dreiser schreibt in dem ersten Kapitel von Band 2 seiner dreibändigen Romantriologie „Triologie der Begierde” über die Pferdebahn in Chicago: Vor allem gefielen ihm die kleinen gelben, blauen, grünen, weißen und braunen Straßenbahnwagen, die hier und da dahinrollten und von müden, abgezehrten Pferden mit klingenden Schellen an den Hälsen gezogen wurden.
Der Titel dieses 2. Bandes ist „Der Titan”.
![]() Pferdebahnrelief aus Grauguss |
Wohl eher etwas für das Kinderzimmer ist dies 28 cm breite Pferdebahnrelief aus Grauguss. Es ist das Motiv des Hintergrundbildes. Außerdem wurde es für das Pferdebahn- und Pferdeomnibussymbol bei den Zeittafeln über den Personennahverkehr in Hamburg verwendet.
Das Pferdebahnrelief zeigt überdeutlich herabgezogene Schürzen an den Schmalseiten des Wagens. Wenn das Pferd stürzt, sollen die Schürzen Verletzungen des Pferdes durch den rollenden Wagen verhindern. Die Schürzen der echten Pferdebahnwagen sind nicht ganz so ausgeprägt; bei den Pferdeomnibussen fehlen sie!
… wo beispielsweise die BOAG im Jahr 1875 500 Pferde für 53 Omnibusse vorhalten musste.Der tägliche Unterhalt eines Pferdes kostet etwa soviel wie der tägliche Lohn eines Kutschers oder Schaffners,
nämlich gut zwei Mark.[20, Seite 9]
Pferde-Eisenbahn Gesellschaft[3] | |||
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1879 | 492 Pferde | 98 Wagen | 5 Loks, 1 Triebwagen |
1881 | 414 Pferde | 90 Wagen | 5 Loks, 1 Triebwagen |
Straßen-Eisenbahn Gesellschaft[4] | |||
ab 1881 | 83 einfache Einspänner | 7 Zweispänner | |
ab 1893/94 | 449 Einspänner | 9 Zweispänner ab 1886 | |
bis 1896 | 74 Decksitz- Zweispänner | ||
bis 1891 | 22 fünfräd- rige Wagen |
Pferde-Eisenbahn Gesellschaft Durchschnittspreise per 1000 kg Fourage in Mark[48, Seite 117] | |||
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Jahr | 1877 | 1878 | 1879 |
Mais | 137,63 | 131,39 | 116,68 |
Hafer | 177,95 | 152,71 | 130,19 |
Erbsen | 169,87 | 163,97 | 150,93 |
Heu | 91,69 | 69,74 | 52,27 |
Stroh | 95,05 | 60,77 | 56,22 |
Sägespäne | 21,23 | 19,65 | 18,83 |
Pferde-Eisenbahn Gesellschaft Durchschnitt der Unterhaltungkosten je Pferd in Pfg | |||
Jahr | 1877 | 1878 | 1879 |
Mais | 68,95 | 76,60 | 68,28 |
Hafer | 55,87 | 31,46 | 32,25 |
Erbsen | 17,66 | 15,74 | 13,06 |
Heu | 39,06 | 24,96 | 23,56 |
Strohhäcksel | 9,40 | 5,65 | 5,42 |
Brot, Kleie etc. | 3,10 | 4,11 | 3,99 |
zur Streu: Stroh und Sägespäne | 13,42 | 10,23 | 9,74 |
Stall-Unkosten | 6,09 | 6,60 | 5,83 |
Hufbeschlag | 17,59 | 16,05 | 15,20 |
Stallpersonal | 41,84 | 42,69 | 41,93 |
Einnahme für Dung | -7,82 | -5,95 | -5,89 |
Summe | 265,16 | 228,14 | 213,37 |
Dampflokomotiven der Wandsbeker Dampfstraßenbahn[48, Seite 125] | |||
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Nr. | Baujahr | Fabriknummer(n) | Hersteller |
1 und 2 | 1878 | 126, 150 | Winterthur |
3 bis 5 | 1879 | 167, 168, 169 | |
6 bis 11 | 1882 | 300 bis 305 | |
12 bis 14 | 308, 309, 310 | ||
15 bis 17 | 318, 319, 320 | ||
18 bis 19 | 1883 | 329, 350 | |
20 bis 21 | 1892 | 765, 766 |
Seitdem ist F.E. Schultz Alleininhaber, der das Geschäft im September 1860 seinem Sohne G.T.H. [sic] Schultz überträgt. Nach Eröffnung der Pferdebahn nach Barmbeck verkauft er die Linie an die Pferdeeisenbahn Ges. und übernimmt dann das Uhlenhorster Fährhaus.Der hier gemeinte Sohn von Friedrich Elias Schultz hieß Hermann Gottfried Theodor Schultz. Gemäß einer anderen Quelle befand sich bereits vorher das Uhlenhorster Fährhaus
im Besitz der Familie Schultz.[68, Seite 5] Das Wort „übernimmt” besagt nicht, ob der Sohn ― oder ist der Vater gemeint? ― den Betrieb des oder das Eigentum am Uhlenhorster Fährhaus übernommen hatte.
Es ist mir hierzu nicht möglich, eine Übereinstimmung mit dem diesbezüglichen →Wikipedia-Artikel (Abruf 30.4.2020 herzustellen. Er besagt, dass 1865 die „Actien-Gesellschaft des Fährhauses auf der Uhlenhorst” gegründet wurde. Demnach hatte diese Aktiengesellschaft das bestehende Uhlenhorster Fährhaus erworben und es 1873 durch einen prachtvollen Neubau nach dem Entwurf des Architekten Martin Haller (*1.12.1835 Hamburg; †25.10.1925 Hamburg) ersetzt.
Pferdebahn, ein und zweispännig: Die „Hochbahn” im alten Hamburg.
Betr.: HHA-Festschrift "Eine Fahrt durch sechs Jahrzehnte mit der elektrischen Straßenbahn"Die Zusammenstellung dürfte etwa 1954 verteilt worden sein.