Das nachfolgende Gesetz wurde am 29.Juni 1864 von der Bürgerschaft angenommen und drei Monate später vom Senat erlassen.
Damit schuf der Hamburgische Gesetzgeber die rechtlichen Rahmenbedingungen für das damals neuer Verkehrsmittel. Bereits vorher — erstmalig am 6.12.1861 — waren Konzessionsgesuche für Pferdebahnen eingereicht worden. Nach Erlass des
Gesetzes wurden alle am Erwerb von Pferdebahnkonzessionen Interessierte aufgefordert, endgültige Offerten einzureichen.
Es ist schon erstaunlich, wie verschachtelt die Bandwurmsätze damals gestaltet wurden. Lediglich die Artikel 2,3 und 10 bestehen aus mehr als einem Satz!
Gesetz
betreffend die Anlage von Pferde-Eisenbahnen auf Hamburgischem Gebiet
Auf Befehl
E.H. Senats der freien und Hansestadt Hamburg publicirt den 28. Sept.1864
- Art.1:
- Der Senat wird ermächtigt, zum Zweck der Anlage von Pferde-Eisenbahnen auf Hamburgischem Gebiet mit den um die Concession sich bewerbenden Personen oder Gesellschaften auf Grundlage der nachstehenden Bedingungen Contracte bis zur Dauer
von höchstens 25 Jahren abzuschließen.
- Art.2:
- Die Concession zur Anlage von Pferde-Eisenbahnen wird vorläufig nur für solche Unternehmen, welche eine Verbindung zur inneren Stadt bezwecken und nur an solche Personen oder Gesellschaften erteilt werden, welche, wenn sie nicht dem
Hamburger Staat angehören, sich in Bezug auf alle das Unternehmen betr. Angelegenheiten den Hamburgischen Gesetzen und Gerichten unterwerfen. Falls die Concession einer Aktien-Gesellschaft erteilt wir, muß mindestens ein Drittel der
Directions-Mitglieder im Hamburger Staate ansässig und befugt und verpflichtet sein, die Gesellschaft in jeder Beziehung zu vertreten.
- Art.3:
- Wer sich um die Erteilung einer Concession zur Anlage von Pferde-Eisenbahnen bewirbt, muß einen Betrag von 10% des veranschlagten Anlage-Kapitals in Hamburgischen auf den Inhaber lautenden Staatspapieren bei der Finanz-Deputation
deponieren, welche nach beschaffter Vollendung der Anlage zurückgegeben wird, während die inzwischen erwachsenen Zinsen der Staatskasse verbleiben. Die Hälfte der deponierten Summe verfällt der Staatskasse, wenn nicht innerhalb der im
Contracte vorher zu bestimmenden Zeit (Art.5) die bauliche Vollendung der Anlage beschafft ist.
- Art.4:
- Unter der Voraussetzung, daß die Anlage einer Pferde-Eisenbahnen auf einer bestimmten Strecke im Allgemeinen zu genehmigen sein wird, hat der Concession-Inhaber sich in Bezug auf die Richtung der Bahn, die Bestimmung der Abfahrts- und
Ankunftsplätze, die Construction und Legung der Schienen, die Anlage von Ausweichstellen, die Einrichtung der Wagen, die Beförderungszeit und die Fahrtaxe mit der Baudeputation beziehungsweise der Polizeibehörde zu vereinbaren, und sich
während und nach der Ausführung des Baus der Beaufsichtigung beider zu unterwerfen.
- Art.5:
- Nachdem in Betr. des Detailplans der Anlage die Genehmigung der beiden in Art.4 genannten Behörden erfolgt sein wird, hat der Concessions-Inhaber innerhalb einer im Contracte vorher zu bestimmenden Zeit, welche indessen die Dauer von
zwei Jahren nicht überschreiten darf, bei Strafe des Verlustes der Concession, die Fahrten auf der ganzen Bahnstrecke zu eröffnen und muß unter dem gleichen Vorbehalt den Transport während der gesamten Contractjahre ununterbrochen in
Betrieb erhalten, es wäre denn, daß eine Unterbrechung durch höhere Gewalt veranlaßt worden wäre, er ist verpflichtet, die Schienen und die Fahrbahn sowohl, als auch die Straßen- und Chausseepflaster zwischen den Schienen und je einen Fuß
breit seitwärts von denselben zu jeder Jahreszeit auf seine Kosten in gutem Stande zu erhalten, und unterwirft sich in Bezug auf die Beseitigung etwa vorkommender Mängel der Entscheidung der Bau-Deputation.
- Art.6:
- Die Erteilung der Concession involviert das Recht, auf der betr. Strecke während der Dauer des Contractes ausschl. auf den Bahnschienen in den die Bahn befahrenden Wagen Personen, Pakete und Waren aller Art, jedoch unter Beobachtung
der bestehenden steuergesetzlichen und gewerbepolizeilichen Vorschriften zu befördern, wogegen das Recht der Briefbeförderung ausgeschlossen bleibt.
- Art.7:
- Sollten während der Dauer des Contractes in den Straßen, welche die betr. Pferde-Eisenbahn berührt, Veränderungen hinsichtl. des Niveaus oder der Breite der Straße von der Bau-Deputation zur Ausführung gebracht werden, so hat der
Concessions-Inhaber eine dadurch etwa erforderlich werdende Verlegung der Schienen der Pferde-Eisenbahn auf seine Kosten zu beschaffen, wie er auch bei vorkommenden Reparaturen von Siel-, Gas- und Wasser-Versorgungsanlagen die nötigen
Ausgrabungen vornehmen und bei umfassenden Bauten der gedachten Art erforderlichen Falls eine einstweilige Verlegung der Bahnstrecke sich gefallen zu lassen verpflichtet ist, ohne dafür, oder für eine durch die Verhältnisse etwa notwendig
werdende zeitweilige Unterbrechung des Verkehrs eine Entschädigung verlangen zu können.
- Art.8:
- Die Benutzung der Schienen bleibt den von dem Concessions-Inhaber in Fahrt gesetzten Wagen ausschließlich vorbehalten, das Befahren des Raumes zwischen den Schienen, die Kreuzung der Schienen ist sonstigem Fuhrwerk gestattet, es haben
jedoch alle Wagenführer, Reiter oder Fußgänger den auf den Eisenbahnschienen sich bewegenden Wagen auszuweichen, oder deren Vorüberfahren abzuwarten.
- Art.9:
- Dem Senat bleibt das Recht vorbehalten, die Concession auch an andere in diesem Gesetze nicht ausdrücklich bestimmte Bedingungen zu knüpfen, namentlich auch zu bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen dieselben widerrufen und
der Unternehmer zur Beseitigung der Anlage, zur Wegnahme der Schienen und zur Wiederherstellung des Straßen- und Chausseepflasters in den vorigen Stand angehalten werden kann.
- Art.10:
- Nach Ablauf der Contractjahre fällt die Bahn-Anlage, soweit als sie aus den auf öffentlichem Grunde gelegten Schienen besteht, in das Eigentum des Staates und demselben zur freiesten Benutzung anheim. Als Concessions-Abgabe ist für
jedes Contractjahr eine zu vereinbarende Zahlung für je 100 Fuß laufender Wegstrecke an die Finanz-Deputation zu entrichten.