Straßenbahnen in Hamburg:
1887: Revidiertes Betriebsreglement für die Hamburger Straßenbahnen

Anfang 1887 gab die Polizei eine Überarbeitung des Betriebsreglements für die Hamburger Straßenbahnen heraus.[48, Seite 325ff] Das neue Regelwerk berücksichtigte besonders den Straßenbahnbetrieb mit Trambahnlokomotiven. Die Zeitung „Reform” berichtete in ihrer Ausgabe vom 27.2.1887 darüber. Zur besseren Lesbarkeit sind auf dieser Webseite Überschriften ergänzt worden. Lange Absätze wurden unterteilt und die Rechtschreibung ist an einigen Stellen an die heute übliche angenähert.
Ausstattung der Fahrzeuge, Haftung und Personalanstellung
Die für den Betrieb der Straßenbahn zu benutzenden Wagen müssen den polizeilich genehmigten Modellen entsprechen und dürfen keine größere Breite als 2,15 m haben. Sie müssen versehen sein:
  1. mit einer kräftigen, schnell wirkenden und nicht kreischenden Bremse,
  2. mit einer Zugleine oder einer ähnlichen Vorrichtung, mittels welcher ein Signalverkehr zwischen dem Lokomotivführer und dem Schaffner resp. Publikum stattfinden kann, sowie mit einem Signalapparat für die Deckpassagiere,
  3. vorne und hinten mit je einer Laterne, welche zugleich eine vollständige Beleuchtung des inneren Wagenraumes gewährt, ferner mit einer helleuchtenden Laterne im Deckraume, endlich mit einer rechts hängenden großen Signallaterne über der hinteren Plattform des letzten Wagens,
  4. mit äußerlich an den Seiten angebrachten Schildern, auf welchen der Name der Endstation in lesbarer deutlicher Schrift anzugeben ist.

Die Wagen müssen von der Gesellschaft in einem vollkommen dienstfähigen Zustande erhalten werden, sauber lackiert und anständig angeschlagen sein, auch sind sie stets rein zu halten. Zu diesem Zweck müssen sie vor der täglichen Inbetriebnahme im Inneren und außen gründlich gereinigt und gesäubert werden.

Im Innern des Wagens ist ein Abdruck des Tarifs anzubringen, ebenso ist im Innern und an den Stehplätzen die Zahl der Sitz- und Stehplätze, welche von der Polizeibehörde festgestellt wird, in augenfälliger Schrift anzugeben.

Es dürfen nur Wagen benutzt werden, deren Türen zu den Kuopés und Plattformen (s.g. Perrons) gut verschließbar sind. Endlich sind die Wagenfenster nicht mit Geschäftsannoncen zu bedecken oder zu verhängen oder zu verdunkeln. Matte oder bemalte Glasscheiben sind nur gestattet, wenn sie mit durchsichtigen abwechselnd eingesetzt sind.

Jede Lokomotive ist ferner zum Schutze der mit derselben kollidierenden Menschen, Tiere und Gefährte mit einer vorn an derselben angebrachten Schutzvorrichtung (Bahnräumer) zu versehen. Keine Lokomotive darf ohne spezielle Genehmigung zu mehr als der festen Maximalzahl der täglichen Fahrten benutzt werden. Die für die Maschine vorgeschriebenen Ruhetage sind gleichfalls einzuhalten.

Für jeden Schaden, der durch den Straßenbahnbetrieb angerichtet wird, haftet die Straßenbahngesellschaft. Als Kontrollbeamte und Schaffner dürfen nur solche Personen angestellt werden, welche mindestens 20 Jahre alt, zuverlässig und nicht mit auffälligen körperlichen und geistigen Gebrechen behaftet sind.

Lokführer und Heizer
Lokomotivführer und Heizer müssen außerdem die Befähigung zur richtigen Führung resp. Behandlung der Lokomotiven vor dem die technische Aufsicht über die Bahn führenden Organ nachgewiesen haben. Während der Dienstausführung ist von den eben erwähnten Angestellten Dienstkleidung zu tragen. Sie haben dem Publikum gegenüber ein höfliches, aber bestimmtes Benehmen zu beobachten. Das Tabakrauchen im Dienst ist ihnen untersagt.

Jeder Lokomotivführer erhält seine bestimmte Maschine und soll dieselbe möglichst regelmäßig führen. Er hat die durch den Fahrplan festgesetzten Fahrzeiten und Fahrgeschwindigkeiten inne zu halten. Langsamer muss derselbe fahren

a) bei der Anfahrt an dem Anfangs- bzw. Endpunkte der Bahnlinie, sodass der ruhig, ohne dass Gegendampf gegeben wird, anhalten kann,

b)wenn Menschen, Tiere oder andere Fahrhindernisse auf der Bahn bemerkt werden, oder wenn bei Straßenkreuzungen und dort, wo die Bahn nicht übersichtlich ist, derartige Hindernisse plötzlich eintreten können.

Wenn der Fall eintritt, dass Pferde vor der Lokomotive scheuen, so hat der Lokomotiv-Führer sofort langsamer zu fahren und erforderlichen Falles so lange ganz anzuhalten, bis die Pferde passiert sind.

Fahrgäste und Schaffner
Der Schaffner darf nicht mehr Personen zur Fahrt mitnehmen, als durch die Zahl der Plätze des Wagens im Innern, auf dem Deck und den Plattformen bestimmt worden ist. Was die Stehplätze auf den Plattformen betrifft, so wird angeordnet, dass künftig nur fünf Personen auf einer Plattform stehen dürfen, und dass auf der hinteren Plattform des Wagens der Platz zwischen dem nicht geschlossenen Perronauftritt und der Wagentür stets für den Schaffner freibleiben muss.

Das Gefülltsein des Wagens ist durch Aushängen einer Blechfahne anzuzeigen.

Die Türen der Plattform sind mit alleiniger Ausnahme der Tür rechts an der hinteren Plattform des letzten Wagens während der Fahrt verschlossen zu halten und sind auf den Haltestellen, mit Ausnahme der Endstation, nur die rechts angebrachten Türen der Plattformen zum Ein- und Austritt der Fahrgäste zu öffnen.

Endlich wird angeordnet, dass in den Monaten November bis März einschließlich die nach der vorderen Plattform sich öffnende Tür aus dem Innern des Wagens keinen Ausgang für Fahrgäste nach der vorderen Plattform bildet und verschlossen zu halten ist.

Der Schaffner darf, abgesehen von der Endstation, auf der Seite des zweiten Gleises Personen weder einsteigen noch aussteigen lassen.

Durch Krankheiten oder äußere Gebrechen und Leiden Anstoß erregende, sowie trunkene Personen oder solche, die durch ein unreinliches Äußere die Mitmenschen belästigen, endlich Gefangene dürfen nicht aufgenommen werden. Auch darf der Schaffner weder die Mitnahme von Hunden und anderen Tieren, noch von Gepäckstücken, welche durch zu großen Umfang, üblen Geruch oder unsaubere Beschaffenheit den Fahrgästen lästig werden können, gestatten, ebenesowenig, dass weibliche Personen die einnehmen.

Das Zeichen zur Weiterfahrt darf er nicht eher geben, als bis der Einsteigende den Wagen bestiegen, bzw. der Aussteigende mit beiden Füßen die Erde erreicht hat.

Den Fahrgästen, insbesondere Kindern, weiblichen, alten und schwächlichen Personen hat er beim Ein- und Aussteigen behilflich zu sein.

Der Schaffner hat Fahrgäste, welche seiner Weisung zuwiderhandeln, oder die Mitfahrenden durch rohe und unanständiges Benehmen belästigen, nötigenfalls unter Mitwirkung polizeilicher Organe aus dem Wagen zu entfernen.

Niemand darf eine Straßenbahnwagen besteigen, welcher durch Aushängen der Fahne als voll bezeichnet ist. Falls der Wagen sich überfüllen sollte, bevor die Fahne ausgehängt ist, haben die zuletzt Eingestiegenen der Aufforderung des Schaffners zum Verlassen des Wagens unbedingt Folge zu leisten.

Letztes Upload: 25.03.2023 um 04:48:57 • Impressum und Datenschutzerklärung