Gekürzt wurden Verweise auf andere Stichworteinträge des Lexikonwerkes und auf zeitgenössische Literatur. Die Rechtschreibung wurde behutsam an den aktuellen Stand angepasst. Es wurden zusätzliche Absätze eingefügt und einige Worte durch Fettschrift hervorgehoben. Das leicht modifizierte Bild vom Stromlauf stammt nicht aus dem Brockhaus von 1894-1896. Der tatsächliche Schöpfer dieses in der Straßenbahnliteratur vielfach verwendeten Bildes ist mir nicht bekannt.
Erhalten geblieben sind die verschachtelten Satzaufbauten. Nicht korrigiert wurde die fehlerhafte Angabe „Energieverbrauch von 400-500 Watt” (Watt bezeichnet keinen Energieverbrauch sondern eine Leistung). Ebenso unverändert ist die mangelnde Übereinstimmung zwischen dem Text und der Tabelle „Verteilung der europäischen Straßenbahn auf die einzelnen Länder”. Möglicherweise wäre die korrekte Tabellenbezeichnung „Verteilung der motorisch angetriebenen Straßenbahn auf die einzelnen europäischen Länder”.
Ergänzt wurde der Text um die Definition des Begriffes „Stadtbahn” aus dem Brockhaus von 1894.
Die Brockhausseiten sind auf →www.retrobibliothek.de veröffentlicht (abgerufen 11.12.2012).
Die Spurweite ist meist gleich der Normalspur der Eisenbahnen (1,435 m), doch finden sich auch vielfach geringere Maße. Die Gleisentfernung für Doppelgleise oder Ausweichungen wird in der Regel zu 2,5 bis 2,8 m angenommen. Die den Straßenbahn in der Regel gestellte Bedingung, dass ihre Schienengleise den übrigen Verkehr nicht stören dürfen, macht für den Oberbau der Straßenbahn eigenartige Konstruktionen erforderlich.
Der Oberbau der Straßenbahn bestand früher meist aus Flachschienen mit eingewalzter Spurrille auf hölzernen Langschwellen. Die Schwierigkeit der Befestigung veranlasste, die Schienen mit seitlichen Rippen zu versehen und sie dann mit Klammern zu halten; doch haben diese Schienen den Nachteil, dass sie auf der Schwelle kein gutes Auflager finden und deshalb durch die Einwirkungen der Fahrzeuge sich bald losrütteln. Da die hölzernen Schwellen auch durch Fäulnis bald zerstört werden, wendet man neuerdings mehr ganz eisernen Oberbau an. Wie beim Oberbau der Eisenbahnen, kommen auch bei den Straßenbahn fast nur noch Stahlschienen zur Anwendung. Die Abnutzung der Schienen ist bei den Straßenbahn eine verhältnismäßig stärkere als bei Eisenbahnen, weil die Straßenfuhrwerke mit dazu beitragen und Staub und Schmutz ungünstig einwirken. Die Spurrille darf weder zu eng noch zu weit sein, damit die Stollen der Hufeisen nicht festgeklemmt werden und die Räder der Fuhrwerke nicht hinein gelangen; die Rillenbreite wird danach zwischen 26 und 33 mm angenommen. Von den neueren Systemen für den Oberbau sind zu erwähnen: die Haarmannsche Zwillingsschiene, die Phönixschiene, die aus einer Vignolesschiene besteht, in deren Kopf eine Rille eingewalzt ist. Neuerdings werden die Schienen auch ohne Schwellen verlegt und ruhen dann auf einer besonderen Packlage aus Steinschlag oder grobem Kies.
Die Ausweichevorrichtungen der Straßenbahn (Weichen) müssen so eingerichtet sein, dass sie keine oder doch nur wenige bewegliche Teile haben, da solche in der Ebene der Straße schwer zu erhalten sind, auch müssen die bei den Eisenbahnen für die Stellung der Weichen angewendeten Böcke und sonstige über die Straßenebene hinausragende Teile vermieden werden. Neuerdings sind bei Pferdebahnen selbsttätige Weichen zur Anwendung gekommen; das Pferd tritt auf eine mit der Weichenvorrichtung verbundene, in das Gleis eingelassene Platte, infolgedessen kippt letztere nach der Seite und stellt die Weiche in der gewünschten Fahrtrichtung.
Die Wagen der S. sind meist mit festen Achsen versehen. Wegen der bei den Straßenbahn vielfach vorkommenden scharfen Krümmungen dürfen dann die Achsen nur einen kleinen Abstand haben und müssen deshalb die Wagenkästen, um möglichst viel Raum zu bieten, über die Achsen weit ausladen (Vorder- und Hinterperrons); bei Anwendung von Lenkachsen ist ein so geringer Achsenabstand nicht erforderlich.
Die Fortbewegung der Fahrzeuge auf den Schienen erfolgt bei den Straßenbahn entweder durch Pferde (Pferdebahn, genauer Pferdeeisenbahn) oder durch Motoren.
Dampfbetrieb empfiehlt sich besonders überall da, wo mehrere zu einem Zuge vereinigte Wagen gleichzeitig auf längere Strecken ohne zu häufiges Anhalten zu befördern sind (Dampfstraßenbahnen, Dampftrambahnen). Zur Beförderung der Straßenbahnzüge werden Lokomotiven (Straßenbahnlokomotiven) verwendet, die je nach der geforderten Leistung eine Kraft von 15 bis 100 Pferdestärken haben und mit Rauchverbrennungs- und Kondensationsvorrichtungen versehen sind, damit die Straßenanwohner und die auf der Straße verkehrenden Personen nicht durch Rauch und Dampf belästigt werden. Bei dem Rowanschen Dampfwagen sind die bewegende Maschine (Dampfmaschine) und der zur Beförderung der Personen oder Güter dienende Wagen zu einem Ganzen vereinigt, welches das nötige Adhäsionsgewicht besitzt, während bei Anwendung besonderer Maschinen (Lokomotiven) diese selbst das nötige Adhäsionsgewicht haben müssen. Die Leistungsfähigkeit des Rowanschen Dampfwagens ist indessen nur eine beschränkte, da demselben nur bei günstigen Bahnverhältnissen noch weitere Lasten (ein oder mehrere Wagen) zur Mitbeförderung angehängt werden können. Der Rowansche Dampfwagen ist im Gebrauch auf der 9 km langen Trambahn zwischen Kopenhagen und dem Seebad Klampenborg, ferner bei Berlin, vom Nollendorfplatz einerseits über Schöneberg und Friedenau nach Steglitz, andererseits über Zoologischen Garten und Halensee nach Grünewald (Schmargendorf, Paulsborn, Hundekehle) u.s.w. Die Geschwindigkeit der Wagen auf der Trambahn Kopenhagen-Klampenborg ist auf 16 km für die Stunde beschränkt. Bei Berlin beträgt die Fahrgeschwindigkeit 10 km in der Stunde. Die Dampfmaschine arbeitet dort zur Verhütung des Ausstoßens von Dampf mit Kondensation, die durch Benutzung des Wagendaches als Kühlfläche unter Anwendung sehr dünner Kupferplatten erreicht wird. Es sind dazu Register aus Kupferwellblech verwendet, die mittels Draht an Eisenbügeln über der Wagendecke aufgehängt sind.
Die sog. feuerlosen Dampfwagen haben keine eigene Feuerung und entwickeln daher keinen Rauch. Soll die Maschine zur Wirksamkeit kommen, so wird der mit Wasser gefüllte Kessel mit einem stationären Kessel in Verbindung gesetzt, von dem aus hochgespannter Dampf in das Kesselwasser einströmt und dasselbe auf eine Temperatur erhitzt, welche einem Druck von etwa 15 Atmosphären entspricht. Eine gebräuchliche Konstruktion dieser Lokomotive ist das System Lamm-Francq, das von der Lokomotivfabrik Hohenzollern in Düsseldorf-Grafenberg gebaut wird.
Neben den Dampfmaschinen finden zum Betrieb von Straßenbahn vereinzelte Anwendung die Druckluftmotoren.
Der Betrieb von Straßenbahn durch Gasmotorwagen war zuerst von Hasse & Co. in Berlin in Aussicht genommen durch Konstruktion einer Gaslokomotive (deutsches Patent vom 6. Dez. 1877). Das Problem wurde im In- und Ausland von vielen Konstrukteuren bearbeitet (Daimler in Cannstatt, Gebr. Körting in Hannover, Holt in Manchester u. a.). Der erste praktische Versuch wurde 1885 mit einem Gasmotorwagen in Melbourne gemacht. Eigentliche Bedeutung gewann die Gasbahn erst durch Lührig in Dresden, der 1892 seine Konstruktion veröffentlichte und einen Probebetrieb mit 5 Motorwagen in Dresden einrichtete. Die Lührigschen Patente sind von der im März 1895 gegründeten Deutschen Gasbahngesellschaft in Dessau übernommen worden, nachdem 1894 die Gasbahn in Dessau eröffnet worden war. 1897 wurde die erste größere Gasbahn in Deutschland, die Hirschberger Thalbahn (15,2 km) von Hirschberg über Warmbrunn nach Hermsdorf, eröffnet.
Der Lührigsche Gasmotorwagen hat folgende Einrichtung. Unter den Sitzbänken ist auf jeder Seite ein zweizylindriger Deutzer Gasmotor montiert, dessen Bewegung durch Zahnräder und Gelenkketten auf die Wagenachsen übertragen wird. Die 8 Gasbehälter, in denen das Gas auf 6-7 Atmosphären komprimiert ist, befinden sich unter den Plattformen. Für das Kühlwasser ist ein Bassin auf dem Dach aufgestellt. Neuere Wagentypen haben nur einen Motor, ferner statt des Kühlbassins einen Schlangenkühler, der leichter ist als das Bassin, sowie Oberdecksitze. Die jetzigen Motorwagen der Dessauer Gasbahn brauchen durchschnittlich etwa einen halben Kubikmeter Gas pro Wagenkilometer. In der Komprimierstation wird das Gas auf 8-10 Atmosphären komprimiert. Mit einer Gasladung werden 12-16 km und mehr durchfahren. Eine Ladung dauert 2-3 Minuten. Der Gasverbrauch reguliert sich selbsttätig nach dem Kraftverbrauch.
Von stationären Maschinen betrieben werden die besonders in Nordamerika (San Francisco, Chicago, New York) sowie in engl. Städten in Anwendung gekommenen Seilbahnen (auch Kabel- oder Taubahnen). Bei denselben läuft ein Seil ohne Ende, das von einer feststehenden Maschine in beständiger Bewegung erhalten wird, auf Leitrollen in einer eisernen Röhre, die in der Mitte des Bahngleises unter der Straßenoberfläche verlegt ist. Um die Bahnwagen in Bewegung zu setzen, wird ein senkrechter Führungsarm, der am unteren Ende eine Klemmvorrichtung trägt, an das Drahtseil festgeklemmt. Zu diesem Zwecke ist die Röhre in ganzer Länge mit einem 2 cm breiten Schlitz versehen. Um den Wagen zum Stehen zu bringen, wird die Klemmvorrichtung gelockert. Die in San Francisco aus zwei Wagen bestehenden Züge verkehren teilweise in starken Steigungen (bis 1:16,5) mit einer Geschwindigkeit von 10 km in der Stunde. Auf der großen, New York und Brooklyn verbindenden East-Riverbrücke (Hängebrücke) wird die Straßenbahn mit einem 38 mm dicken, 3492 m langen und 18154 kg wiegenden Drahtseil betrieben. Dasselbe wird mit 15 km Geschwindigkeit in der Stunde täglich 20 Stunden lang im Betrieb erhalten. Die Zahl der Wagen, welche gleichzeitig angehängt sind, beträgt 10 bis 20, das Gewicht derselben durchschnittlich je 10 t. In London sind ebenfalls bereits Pferdebahnen in Seilbahnen umgewandelt und größere Strecken zum Umbau in Aussicht genommen.
Eine immer steigende Verbreitung finden die elektrischen Straßenbahnen.
Das allgemeine Schema einer elektrischen Straßenbahn mit oberirdischer Stromzuführung ist der folgenden Abbildung gegeben. Der elektrische Strom wird von der Dynamomaschine erzeugt, geht in der Richtung der Pfeile in die oberirdische Leitung B, wird von dieser durch die Kontaktrollen C abgenommen und den im Wagengestell befindlichen Elektromotoren zugeführt, von denen er durch die Schienen E zur Dynamomaschine zurückkehrt.
Bei jedem elektrischen Motorwagen sind die Elektromotoren im Untergestell des Wagens in Achsenhöhe angebracht. Das Motorgestell ist einerseits drehbar mit der Wagenachse verbunden, andererseits hängt es federnd an einer Querverbindung des Untergestells. Die schnelle Rotation der Elektromotoren wird durch Zahnradübersetzung ins Langsame auf die Wagenachsen übertragen.
In den letzten Jahren ist eine große Anzahl neuer Konstruktionen elektrischer Straßenbahn fürunterirdische Stromzuführung ersonnen worden, ohne dass dieselben jedoch praktische Verwendung gefunden haben. Die neueste Anordnung der Akkumulatoren geschieht in der Weise, dass eine Batterie von 200 Elementen fest in den Wagen eingebaut und während der Fahrt außerhalb der Hauptstraßen der Stadt, wo oberirdische Zuleitung leicht ausführbar und aus ästhetischen Rücksichten zulässig erscheint, geladen wird. Innerhalb der Stadt, oder in den Hauptstraßen, übernimmt dann die Batterie die Stromlieferung.
Dieses System, ausgebildet von der Accumulatorenfabrik, Aktiengesellschaft Hagen, soll sich in Hannover, wo die Einführung zuerst erfolgte, gut bewährt haben und wird neuerdings in Dresden und Paris versucht. Gegenwärtig ist diese Lösung der Frage des elektrischen Betriebes innerhalb der Städte, wo oberirdische Leitung nicht statthaft ist, die vollkommenste.
Die zuerst verwendeten Batterien hatten eine Kapazität von 80 Amperestunden bei etwa 390 Volt Entladespannung; in neuerer Zeit hat man 40 Amperestunden als genügend erachtet, was unter Berücksichtigung des erheblichen Gewichts der Batterien einen wesentlichen Fortschritt bedeutet. Wenn man im Mittel pro Wagenkilometer einen Energieverbrauch von 400-500 Watt annimmt, so kann ein Wagen mit vollgeladener Batterie etwa 10-12 km allein mit der Batterie zurücklegen, unter Berücksichtigung einer 30prozentigen Reservekapazität.
Bei strenger Kälte heizt man die Pferdebahnwagen, wie z. V. in Dresden, vorteilhaft mit Glühstoff, der in einfachen Blechkästen unter den Wagensitzen glimmt. Bei elektrischen Wagen werden Spiralen aus feinem Draht angebracht, die, vom elektrischen Strom durchflossen, erglühen. In den Wagen der Dampfbahnen lassen sich Heizschlangen anbringen, in denen Kessel- oder Auspuffdampf zirkuliert. Die Lührigschen Gasmotorwagen werden durch die vom Motor produzierte Wärme genügend warm gehalten, da sich die Motoren unter den Sitzen befinden.
Neuerdings benutzt man die Straßenbahn auch für den Güterverkehr. So werden in Gera ganze Eisenbahnwagons auf den Straßenbahngleisen mittels Trucks nach den Fabriken befördert.
Vergleichung der Systeme. Die Unvollkommenheiten des Pferdebetriebs für S., besonders die Kostspieligkeit, die geringe Geschwindigkeit und die Verunreinigung der Straßen, legen es nahe, allmählich den Motorbetrieb einzuführen. Am elegantesten ist unter allen Umständen der elektrische Betrieb, da der Elektromotor am ruhigsten arbeitet, keinen Geruch verbreitet, die wenigste Wartung und Reparatur erheischt und auch am bequemsten zu regulieren ist. Von den drei elektrischen Betriebssystemen hat das mit Akkumulatorenbetrieb die meisten Vorzüge; denn jeder Wagen führt seine Kraftquelle mit sich und braucht daher keine Stromleitung, wodurch er unabhängig von eventuellen. Störungen in einer Zentrale oder Leitung wird; auch kann ein Akkumulatorenwagen ohne weiteres ein Pferdebahngleis befahren, was für Pferdebahngesellschaften, die einzelne Linien elektrisch betreiben wollen, von Vorteil ist. Daß das Akkumulatorensystem noch keine allgemeinere Anwendung zuläßt, hat seinen Grund in der bisherigen Unvollkommenheit der Akkumulatoren selbst. Einerseits repräsentieren die Akkumulatoren eine bedeutende tote Last, andererseits sind die vom Akkumulator gelieferten Strommengen nicht sicher vorher zu berechnen, da sie bei verschiedenen gleichen Ladungen sehr verschieden ausfallen, weshalb der Betrieb unter Umständen unökonomisch und unsicher sein kann. Bis jetzt ist am weitesten entwickelt in Bezug auf Ökonomie und Betriebssicherheit, daher auch am weitesten verbreitet, das System mit oberirdischer Stromzuleitung. Anlage- und Betriebskosten (für eingleisige Strecken und Wagen des Einspännertypus):
Straßenbahnsysteme | Anlagekosten pro Nutzkilometer in tausend Mark | Betriebskosten pro Wagenkm. in Pfennig |
---|---|---|
Pferdebahn | 70 | 22 bis 28 |
Zweispännerbetrieb | 70 | 30 bis 40 |
Druckluftbahn | 110 | 40 |
Kabelbahn | 120 | 50 bis 65 |
Elektrische Bahn mit oberirdischer Stromzuleitung | 90 bis 100 | 20 bis 25 |
Gasbahn bei einem Gaspreis von 12 Pf. für 1 cbm | 60 bis 70 | 40 |
Auch in den Niederlanden sind Dampfstraßenbahnen in größerm Umfange vorhanden. Die erste Straßenbahn (Haag-Scheveningen) wurde 1863 erbaut. Bei den niederländischen Straßenbahn werden ebenso wie in Italien neben den Personen auch Güter befördert. Am l.Jan.1896 waren rund 1144 km Straßenbahn vorhanden. l.895 wurden 44374034 Personen und 362965 t Güter befördert.
In Deutschland sind fast in allen größern Städten Straßenbahn vorhanden. Die deutschen Straßenbahnen sind von Berlin ausgegangen, wo dem dänischen Ingenieur Møller 1864 auf Grund einer Kabinettsorder die Genehmigung zur Anlage einer Straßenbahn durch den Tiergarten nach Charlottenburg erteilt wurde.
In Preußen hat der Bau von Straßenbahn durch das Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28. Juli 1892, welches das gesamte Straßen- und Kleinbahnenwesen regelt, einen Aufschwung genommen. Zahlreiche Bahnen sind auf Grund dieses Gesetzes, dessen einzelne Abschnitte durch eine Ausführungsanweisung der Minister des Innern und der öffentlichen Arbeiten vom 22. Aug. 1892 näher erläutert werden, genehmigt worden, von welchen inzwischen viele bereits fertig gestellt und dem Betriebe übergeben sind. Aber auch finanziell beteiligt sich der Staat an dem Bau von Kleinbahnen und sind für diesen Zweck in den Gesetzen vom 8. April 1895, 3. Juni 1896 und 8. Juni 1897 Beträge von zusammen 2l Mill. M. vorgesehen.
In Österreich, wo ebenfalls neuerdings durch das Gesetz vom 31. Dez. 1894 über Bahnen niederer Ordnung der Bau von Straßenbahn gefördert werden soll, bestanden 1894 außer kleinern unbedeutenden Spezialbahnen 136,45 km Dampftramways und 166,65 km Straßenbahn mit Pferdebetrieb; auf letztern wurden 1894 80576862 Personen befördert.
In Ungarn (einschließlich Kroatien und Slawonien) waren 1894: l74 km vorhanden, welche mit Pferden und Dampfkraft betrieben wurden. Das Anlagekapital stellte sich auf 12817588 Fl. oder 73664 Fl. auf 1 km; 53851015 Personen und 456212 t Güter wurden befördert und 3880997 Fl. vereinnahmt; die Ausgaben betrugen 3075762 Fl.
In Frankreich, welches seine erste Straßenbahn (Paris) 1854 eröffnete, waren 1. Juli 1894: 1795 km im Betrieb, deren Herstellung die Summe von 211278717 Frs. erforderte. Im ersten Halbjahre 1894 wurden 24245546 Frs. vereinnahmt und 22444856 Frs. (gleich 93 Proz. der Einnahmen) verausgabt, so dass ein Überschuß von 1800900 Frs. verblieb. Am l. Jan. 1896 waren 2179 km im Betrieb. Am dichtesten war das Netz der Straßenbahn im Seinedepartement, und es wurden auf den sämtlichen Trambahnen, die in Paris sowohl innerhalb als außerhalb der Stadtmauern betrieben werden, 1892: 150570601 Personen befördert.
Bis 1876 waren in Großbritannien, wo die erste Straßenbahn (Birkenhead) 1860 eröffnet wurde, nur 254 km Straßenbahn mit einem Anlagekapital von rund 45 Mill. M. hergestellt, 1887 bereits 1418 km mit einem Baukapital von nahezu 268 Mill. M. Ein Kilometer Straßenbahn kostete daher durchschnittlich 188690 M., während 1 km Eisenbahn in England durchschnittlich 542000 M. kostet. 1896 wurden bei den in England betriebenen 1621 km Straßenbahn verwendet: 35621 Pferde, 568 Lokomotiven und 4663 Wagen. Die Zahl der von den englischen Straßenbahn beförderten Reifenden belief sich 1878 auf 146 Mill., 1886/87 auf über 416,5 Mill., 1894/95 auf 661,76 Mill.
In Russland waren 1896/97 rund 580 km Straßenbahn vorhanden.
In denVereinigten Staaten von Amerika waren Ende 1895 über 20000 km Straßenbahn im Betrieb. 1895/96 wurden auf den Straßenbahn auf der Straßenoberfläche (street surface railroads) des Staates New York 593 Mill. Personen befördert. Die erste Straßenbahn wurde 1832 in New York erbaut. Von den Straßenbahn Australiens sind die Trambahnen der Kolonie Neusüdwales hervorzuheben, welche bei einer Länge von 98 km 1894/95: 66352069 Personen beförderten.
Die Zahl der elektrischen Straßenbahn in Europa betrug 1. Jan. 1897: 150 (111 im Vorjahre); bei 122 Bahnen war oberirdische, bei 8 unterirdische Stromzuleitung angewendet, 12 hatten Akkumulatorenbetrieb, die übrigen andere Systeme.
Verteilung der europäischen Straßenbahn auf die einzelnen Länder | ||||
---|---|---|---|---|
Linien in | Gleislänge km | Zahl der Motorwagen | ||
1896 | 1897 | 1896 | 1897 | |
Deutschland | 406,4 | 642,69 | 857 | 1631 |
Frankreich | 132,0 | 279,36 | 225 | 432 |
Großbritannien | 107,3 | 127,42 | 168 | 200 |
Italien | 39,7 | 115,67 | 84 | 289 |
Österreich-Ungarn | 71,0 | 83,89 | 157 | 194 |
Schweiz | 47,0 | 78,75 | 86 | 129 |
Spanien | 29,0 | 47,00 | 26 | 40 |
Belgien | 25,0 | 34,90 | 48 | 73 |
Russland | 10,0 | 14,75 | 32 | 48 |
Serbien | 10,0 | 10,00 | 11 | 11 |
Schweden-Norwegen | 7,5 | 7,50 | 15 | 15 |
Bosnien | 5,6 | 5,60 | 6 | 6 |
Rumänien | 5,5 | 5,50 | 15 | 15 |
Holland | 3,2 | 3,20 | 14 | 14 |
Portugal | 2,8 | 2,80 | 3 | 3 |
Zusammen | 902,0 | 1459,03 | 1747 | 3100 |
Brockhaus 1894, Eintrag Stadtbahnen:[www.retrobibliothek.de/retrobb/seite.html?d=134983, Abruf 21.8.2021] Stadtbahnen, die zur Vermittlung des Verkehrs innerhalb größerer Städte bestimmten Eisenbahnen. Die S. sind entweder, wie gewöhnliche Eisenbahnen, so eingerichtet, daß ihre Gleise auf einem besonders für sie hergerichteten Bahnkörper liegen, oder die Gleise sind in die dem allgemeinen Verkehr dienende Fahrstraße so eingelegt, daß letztere für das gewöhnliche Fuhrwerk benutzbar bleibt. (S. Straßenbahn.) S. der ersten Art können wegen des starken Verkehrs innerhalb der größeren Städte in der Regel nicht in der gleichen Ebene mit den von ihnen berührten Straßen liegen, sondern müssen über oder unter derselben geführt werden, wodurch der Bau wesentlich erschwert und verteuert wird. Im erstern Falle bezeichnet man die S. als Hochbahnen, im letztern Falle als b>Tief- oder Untergrundbahnen. Zu den Hochbahnen gehören die Berliner Stadtbahn (s. Berliner Stadt- und Ringbahn) und die Neuyorker Hochbahnen (s.d.). Das großartigste Beispiel für eine unterirdische Stadtbahn bieten die Londoner Untergrundbahnen (s.d.). (S. auch Schwebebahnen und Stufenbahn.)