Richard Kuöhl in Düsseldorf:
Das 39er-Ehrenmal

39er-Ehrenmal von der Rotterdamer Straße aus
Dies Ehrenmal ist ähnlich umstritten wie das Kriegerdenkmal am Dammtor in Hamburg. Auch hier marschieren Infanteristen zum Einsatz, auch hier wurde das Denkmal in der nationalsozialistischen Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg eingeweiht.

Das Foto zeigt das Ehrenmal von der Rotterdamer Straße aus. Es bildet die Mitte der nördlichen Seite des annähernd quadratischen etwa 3000 m² großen gepflasterten Aufmarschplatzes. Vom nahegelegenen Rhein aus ist das Denkmal nicht zu sehen. Die Front des Denkmals ist annähernd parallel zum hier in West-Nordwestrichtung fließenden Rhein ausgerichtet.

Das Ehrenmal ist den drei Abteilungen der 39er Regiments gewidmet: dem Füsilier-Regiment 39 General Ludendorff, dem Landwehr-Regiment 39 und dem Reserve-Infanterie-Regiment 39.


Der Weg zum jetzigen 39er-Ehrenmal am Reeser Platz[1]

Nach dem deutsch-französischen Krieg wurde erst 1893 für die Gefallenen des Infanterie- bzw. Füsilier-Regiments 39 ein Denkmal geschaffen wurde. Es stand an den Schießständen im Aaper Wald. Im Ersten Weltkrieg wurde es eingeschmolzen, denn Metall wurde dringend für die Rüstung benötigt.

Reste des 39er-Denkmals wurden 1978 neben der Tonhalle an der Oederallee aufgestellt Ab 1926 sammelte der Verein der ehemaligen Angehörigen des Regiments Spenden für ein neues Denkmal. Auserkoren wurde der Entwurf „Innere Festigung” von Jupp Rübsam (*1896; †1976). Die Denkmalsenthüllung erfolgte am 1.9.1928: Zwei Soldaten liegen bäuchlings nebeneinander und blicken zur Front. Ein Soldat trägt einen Stahlhelm, der andere ist verwundet und trägt deshalb eine Kopfbinde. Der unverletzte Soldat hält tröstend seine Hand auf die Hand des verletzten Soldaten. Der verletzte Soldat hat seine andere Hand zur Faust geballt. General Ludendorff bezeichnete das Denkmal als „Verhöhnung der Helden des Weltkrieges”. Nicht nur ihm gefiel das Denkmal überhaupt nicht. Das Denkmal wurde geschändet und bereits im März 1933 ließ die neue Regierung das Denkmal abtragen.

Der Ideenwettbewerb[2]
Bereits ab Juni 1931 fingen die 39er an, für ein neues Denkmal Geld zu sammeln. Der Denkmalausschuss und die Verwaltung der Stadt Düsseldorf hatten für das neue Denkmal eine Aufstellung am Südende des Rheinparks vorgesehen. Die Ausschreibung des Ideenwettbewerbs wurde am 17.10.1935 veröffentlicht. Die Ausschreibung für das neue Denkmal verlangte ein „dem heroischen Geist der Gefallenen gerecht” zu werdendes Denkmal. In das Denkmal sollte ein Schrein für das Ehrenbuch mit den Namen der Gefallenen eingerichtet werden.[3] Es sollten zunächst diejenigen Architekten und Bildhauer berücksichtigt werden, die einem der drei Regimenter angehört hatten.

Am 28.2.1936 entschied das Preisgericht über die 57 eingereichten Entwürfe. Die drei Gewinner waren:

  1. Architektenfirma Klophaus & Tachill in Hamburg
  2. Anonymer eingereichter Entwurf. Es stellte sich einige Tage später heraus, dass dieser Entwurf ebenfalls von Klophaus stammte. Dieser Entwurf wurde deshalb disqualifiziert.
  3. Bildhauer Dahlmann (Düsseldorf)
Angekauft wurden drei bzw. vier weitere Entwürfe:
  1. Bildhauer B.Lohf (Düsseldorf)
  2. Bildhauer Hans Breeker (Düsseldorf)
  3. Architekt O. Engsfeld und Bildhauer Walter Schmitz (beide Düsseldorf),
  4. von Schlagen (Düsseldorf). Dieser Entwurf wurde wegen der genannten Disqualifikation zusätzlich angekauft.
Am 7.3.1936 entschied der Denkmalausschuss, sich mit dem Träger des ersten Preises in Verbindung zu setzten und dabei erste Änderungswünsche anzubringen: Die Erinnerung an die Taten der drei Regimenter stärker zu betonen als dies im vorliegenden Entwurf geschehen ist; dabei soll auf eine volkstümliche Ausdrucksform besonders verwiesen werden.

Der förmliche Vertrag mit den Künstlern wurde im Oktober 1936 geschlossen.

Richard Kuöhl wurde die Schaffung der Plastiken übertragen.[4]

Es gab noch einmal Auseinandersetzungen zwischen dem Verband der 39er und der Stadtverwaltung: Die Stadtverwaltung erklärte, dass der vorgesehene Platz an der Südspitze des Rheinparks aus städtebaulichen Gründen nicht in Frage käme. Daraufhin kam der Verband der 39er auf die Idee, das Denkmal nicht in Düsseldorf, sonder in Krefeld aufzustellen. Man einigte sich im Dezember 1937 auf die Aufstellung am Reeser Platz im Düsseldorfer Stadtteil Golzheim. Der Reeser Platz wurde dafür durch die Stadt Düsseldorf umgestaltet.

Die Denkmalsweihe verbunden mit Regimentsappell fand am 8. und 9.7.1939 (Samstag und Sonntag) statt.[5]


Beschreibung des 39er-Ehrenmals

Das Denkmal steht an einem etwa 60 * 50 m großem gepflasterten Aufmarschplatz. Der Denkmalblock ist etwa 16,5 m breit, 5 m hoch und 2 m tief. An seine breite Wand Baum- und Strauchgruppen platziert, so dass die Rückseite nur noch über Trampelpfade zugänglich ist. Die breite Wand besteht aus vermutlich Werksteinquadern mit einem schweren zweitürigen Gittertor als Zugang zu einer als Durchgang gestalteten Gruft. Es war vorgesehen, in der Gruft auf einem Steinsockel das Ehrenbuch auszulegen.

39er-Denkmal, Eisernes Kreuz am Gittertor Zwischen beiden Gittertüren auf der Vorderseite ist ein drittes unbewegliches Gitter angebracht. Es trägt ein zwei Zentner schweres Eisernes Kreuz 1. Klasse. Aus dem Tor - und somit aus der Gruft - marschieren nach beiden Seiten bewaffnete Infanteriesoldaten hinaus: Eine Soldatengruppe marschiert an die Front im Osten, die andere an die Front im Westen.

Auch an der Rückseite des Ehrenmals ist ein schweres Gitter angebracht. Es lässt sich jedoch nicht öffnen.

Die Seitenflügel neben der Gruft sind nicht zugänglich.

Über dem Tor zur Gruft prangt unübersehbar, aber auf den Fotos nicht zu erkennen, die Inschrift „Für des deutschen Volkes Ehre und Freiheit”.[6] General Ludendorff, der Chef des Füsilier-Regiments, hatte sie als Inschrift bestimmt.[7] General Ludendorff hat die Einweihung des Denkmals jedoch nicht mehr erlebt.

Die Inschrift des 39er-Ehrenmals in Düsseldorf hat eine ähnliche Aussage wie die Inschrift des 76er-Denkmals in Hamburg. Die Inschrift in Düsseldorf ist jedoch aggresiver formuliert als die in Hamburg.

Einige Unterschiede zwischen Entwurf und dem jetzigen Zustand
Modellentwurf zur Rückseite des neuen 39er-Ehrenmals[8]
Der Boden auf der Rückseite des Ehrenmals ist einen halben Meter höher als der Aufmarschplatz vor der Vorderseite. Die Rückseite wird durch eine dichte Baum- und Strauchgruppe verdeckt - sie ist somit unsichtbar. Gegenüber dem durch dies Modell veranschaulichten Entwurf fehlen am echten Denkmal die beiden Wachsoldaten, das rückwärtige Eiserne Kreuz am Gitter und die rückseitige Beschriftung 1914-1918.
Modellentwurf zur Frontseite des neuen 39er-Ehrenmals[9]
Das Eiserne Kreuz 1. Klasse trägt die Jahreszahl 1914. Die Jahreszahl 1918 (vergl. Modellbild der Rückseite) erscheint am Ehrenmal - zumindest deutlich sichtbar - gar nicht. imgbr('39er_3',0,580,443,'39er-Ehrenmal, linke Kolonne',DT2,'Besonders bei der linken Kolonne fällt die Zuwendung des vorderen Soldaten zum Betrachter auf, wenn man von schräg vorne auf die ausgeführten Reliefstatuen blickt. Der Soldat trägt ein Eisernes Kreuz an seiner Brust (Im Foto rechts unterhalb des Laubblattes).
Dies Foto zeigt ein Detail des ausgeführten Denkmals. Es ist zu erkennen, dass bei einigen der Soldaten die Nasen beschädigt sind. Auch tragen beim Modell die Soldaten ihre Gewehre anders als beim ausgeführten Denkmal
39er-Ehrenmal, beide Kolonnen 39er-Ehrenmal, linke Kolonne Beim Modell liegt der Eingang zur Gruft eine Stufe unterhalb des Aufmarschplatzes. Beim realisierten Ehrenmal ist der Eingang zur Gruft ebenerdig.

Offenbar, um dennoch vier Treppenstufen unterbringen zu können, erhielten die beiden unteren Stufen nur die halbe Höhe der beiden oberen Stufen.


Ausführung des 39er-Ehrenmals und Verschiebung der Denkmaleinweihung[10]

Die Gitter und Gittertüren des 39er-Ehrenmals wurden von der Düsseldorfer Kunstschlosserei Bach ausgeführt.

Die Soldaten wurden von Richard Kuöhl als Relief gestaltet. Ausgeführt wurden die Reliefs vom Düsseldorfer Bildhauer Julius Haigis und seinen Mitarbeitern nach Gipsmodellen.

Es gibt eine Gemeinsamkeit zwischen Haigis und Kuöhl: Es ist die Gänseliesel. 1937 gestaltete Julius Haigis den Gänseliesel-Brunnen vor dem Rathaus-Center in Monheim am Rhein. Diese Gänseliesel und ihre beiden wasserspeienden Gänse bestehen aus Bronze.
Der Reeser Platz wurde zu einem Aufmarschplatz umgebaut. Geplant war die Einweihung des Ehrenmals für den 9.10.1938 mit fast 10000 Teilnehmern am Regimentsappell.

Es zeigte sich, dass das Ehrenmal bis dahin nicht fertig gestellt sein würde. Der Bildhauer Julius Haigis klagte über einen Mangel an geschulten Arbeitskräften.

In der ersten Septemberwoche 1938 beschlossen der Denkmalausschuss und die 39er, die Einweihung zu verschieben. Für die Fertigstellung des Ehrenmals hätte eine Verschiebung um einige Wochen genügt, aber man wäre dann in die kalte Jahreszeit gekommen. Deshalb verschob man den Termin auf 4.6.1939. An diesem nächsten erreichbaren Jahrestag der Erstürmung von Fort Vaux wurden viele ehemalige 39er wieder in ihrer Garnisionsstadt erwartet. Fort Vaux liegt 8 km nordöstlich von Verdun. Der deutsche Angriff auf das Fort Vaux begann am 2.6.1916.

Tatsächlich stattgefunden hat die Einweihung am 9.7.1939.


Die eingeritzten Namen der Kriegsschauplätze
39er Ehrenmal, eingeritzte Namen der Kriegsschauplätze
Links und rechts an der Frontseite des Denkmals sind die Regimentsnamen und Städtenamen mit Jahreszahlen eingeritzt. Aus der Informationstafel am Ehrenmal (Stand 17.10.2010) geht hervor, dass die Namen der Kriegsschauplätze „später” hinzugefügt wurden: mit später eingemeißelten Namen eroberter Städte in Ost und West.

Das Foto zeigt von den Inschriften diejenige zum Reserve-Infanterie-Regiment 39. Rudolf Klophaus (*14.1.1885 in Solingen; †3.7.1957 in Hamburg) hatte dem Reserve-Infanterie-Regiment 39 angehört.


Fußnoten
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  • [1] Richard Kühl: Das 39er Denkmal. In: Düsseldorfer Denkmäler virtuell. Ergebnis der 1. Summer-School 2002 des Historischen Seminars der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Düsseldorf: Historisches Seminar Lehrstuhl VII Neuere und Neueste Geschichte der Heinrich-Heine-Universität, 2002.

    Leider ist diese Internetpräsentation nur noch über das Internetarchiv erreichbar.

  • [2] Hubert Delvos: Geschichte der Düsseldorfer Denkmäler, Gedenktafeln und Brunnen. Düsseldorf: Schwann, 1938, Seiten 216-217.

  • [3] Marc Zivojinovic: Gefallenengedenken und Totenkult am Beispiel der Düsseldorfer 39er Denkmäler, Heinrich-Heine Universität Düsseldorf, Historisches Seminar II, Proseminar: Die Darstellung des WK I in ausgewählten internationalen Dokumentarfilmen, Sommersemester 2002, Seite 9.

  • [4] [5] Festschrift zur Denkmalsweihe verbunden mit Regimentsappell des Füsilier-Regiments 39, Reserve Infanterie-Regiments 39, Landwehr-Infanterie-Regiments 39 am 8. und 9. Juli 1939 in Düsseldorf, Seite 7.

  • [6] Diese Zeichenkette findet sich im Kapitel über den Dichter und Kriegsfreiwilligen Karl Theodor Körner (*23.9.1971 Dresden; †26.8.1813) im Handbuch der deutschen Sprache und Literatur seit Lessing, Band 2 von D. J. G. Kunisch, Leipzig, 1823.

    Karl Theodor Körner selbst schrieb am 10.3.1813 in einem Brief an seinen Vater über seine Entscheidung, als Freiwilliger am Krieg teilzunehmen: Zum Opfertode für die Freiheit und für die Ehre seiner Nation ist keiner zu gut, wohl aber sind viele zu schlecht dazu! [Dr. C. W. Schmidt: Stätten der Weihe, Berlin 1933, Seite 106]

  • [7] wie [4]

  • [8] [9] Die beiden Modellfotos des Denkmals sind dem bei Fußnote [2] genannten Buch entnommen. Dort sind sie Abb.28: Modellentwurf zum neuen 39er-Ehrenmal.

  • [10] Der Abschnitt über die Ausführung des 39er-Ehrenmals und der Verschiebung der Denkmaleinweihung basiert auf

    WG.: 90-Zentner-Blöcke aus Muschelkalk. Besuch beim Bildhauer der 39er-Denkmals - Die Umgestaltung des alten Reeser Platzes, Düsseldorfer Nachrichten Nr.236, 26.8.1938. Der Artikel ist eine Reportage über die Baufortschritte am Reeser Platz verbunden mit einem Besuch im Atelier de Bildhauers Julius Haigis. Zitat aus dem Artikel: Das beweist auch das von den Preisträgern des Denkmalwettbewerbs, den beiden alten 39ern Architekt Klophaus und Bildhauer Kouöhl[sic] aus Hamburg, entworfene Modell der ausmarschierenden Soldaten im Weltkrieg, die symbolisch aus einem in den Stein eingelassenen Tor in je drei Gruppen an die Ost- und Westfront abrücken.

    bbj(?): Noch in diesem Jahr wird das Ehrenmal fertig sein - Denkmalweihe erst am 4.Juni 1939, Düsseldorfer Tageblatt Nr. 252, 13.9.1938.

Letztes Upload: 24.03.2023 um 18:31:46 • Impressum und Datenschutzerklärung