Die Anordnung des Kirchensaals über dem Gemeindesaal hat noch einen anderen Grund. Auf der anderen Seite des Biedermannplatzes steht die Konkurrenz. Es ist die katholische St. Sophienkirche. Wenn man seine Kirche auf ihren Gemeindesaal stellt, hat man schon einmal vier Meter an Höhe gewonnen!
Die Bugenhagenkirche ist kein Neubau mehr. Sie wurde von 1927 (Grundsteinlegung) bis 1929 erbaut. Der Architekt was Emil Heynen, sein Entwurf hatte den Namen „Eine feste Burg”. Der Baustil des mit Backsteinen verkleideten Stahlbetonbaus der
Kirche hat den Namen „Neues Bauen”. Man wollte durch den nüchternen Baustil die Gleichung Kirche = mittelalterlich überwinden
.
Auf der Informationstafel an der Kirche werden die Attribute „monumental” und „sakral” benutzt.
![]() | In der Nähe der Kirche an der Weidestraße steht eine öffentlich und dauerhaft aufgestellte Informationstafel der Geschichtswerkstatt Barmbek. Sie informiert über die Bugenhagen- und die Sophienkirche. Sie enthält auch das links gezeigte abfotografierte und überarbeitete Bild eines Tonmodells von Richard Kuöhl zum ersten Entwurf der Bugenhagenkirche von Emil Heynen (Stand: August 2004; hinter dem Kirchenschiff spiegeln sich die Kamera und die Finger meiner Hand in der Scheibe vor der Informationstafel). Emil Heynen hat den Entwurf noch einige Male verbessert. |
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![]() Foto oben: Statue Bugenhagen Foto links: Statuen Bugenhagen, Wegedorn und Ziegenhagen |
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![]() Die fünf großen Klinkerstatuen an den Bugenhagenkirche in Hamburg |
Alle fünf Statuen stellen dar (von links nach rechts):
Johannes Bugenhagen wurde am 24.Juni 1485 in Wollin (Pommern; daher seine Beinamen Dr. Pommer oder Pomeranus) geboren. Er starb am 20.April 1558 in Wittenberg/Elbe. Er war Zeitgenosse und Gehilfe von Martin Luther (dieser lebte von 1483 bis 1546). 1523 wurde Johannes Bugenhagen Stadtpfarrer in Wittenberg. Auf dem Kirchplatz der Stadtkirche St. Marien in Wittenberg steht sein Denkmal. Am gleichen Kirchplatz in Wittenberg steht heute noch das „Bugenhagenhaus”. Er führte zwischen 1528 und 1544 die Reformation ein (d.h., er reorgansierte das Kirchen- und Schulwesen) in Braunschweig-Wolfenbüttel, Hildesheim, Hamburg, Lübeck, Schleswig-Holstein, Pommern und Dänemark. Außerdem übertrug er Luthers Bibelübersetzung ins Plattdeutsche (1534).
Stephan Kempe war Vorbereiter der Reformation in Hamburg. Der damalige Bürgermeister Johannes Wetken und der Oberalte Wegedorn waren für die Hamburger Reformation in Hamburg wichtige Laien. Über Ziegenhagen habe ich nichts gefunden.
Auch gründete Johannes Bugenhagen in Hamburg das Johanneum [vergl. dazu: Der Sieger im Johanneum (1929)].
In dem Roman Petra Oelkers: Die zerbrochene Uhr, Hamburg 1999, fand ich den Hinweis, dass er von Oktober 1528 bis Mai 1529 in Hamburg wirkte. Er war willkommen, denn er erhielt von den drei Bürgermeistern der Stadt einen Ohm (152 Liter) Wein, zwei Tonnen (146 Liter) Bier und einen fetten Ochsen.
Nun darf man es sich nicht so vorstellen, dass er ohne Aufforderung oder gar unangemeldet nach Hamburg kam. Zuvor fand eine große Disputation (Streitgespräch) zwischen altgläubigen und reformatorischen Predigern im Hamburger Rathaus statt. Wortführer der Reformatoren war der Franziskaner Steffen Kempe aus Kempen im niederländischen Geldern. Die Disputation dauerte 11 Stunden. Der damalige Bürgermeister Dr. Heinrich Salsborg, ein Amtsvorgänger von Johann Wetken, bat daraufhin Martin Luther um Entsendung von Johannes Bugenhagen nach Hamburg. Bugenhagen traf genau am 9.Oktober 1528 in Hamburg ein.[13, Seite 59]
Der Wechsel der Konfession erforderte tiefgehende gesellschaftliche Reformen. Diese führte Johannes Bugenhagen durch. In nicht einmal einem Jahr entwickelte er gemeinsam mit den Bürgern „Der Ehrbaren Stadt Hamburg Christliche Ordnung”. Die neue Ordnung wurde im Mai 1529 feierlich verkündet. In keiner anderen deutschen Stadt verlief die Reformation so friedlich.
Drei Dinge sind besonders hervorzuheben:
Mit der Hamburger Reformation bekam das Kollegium der Oberalten seine größte Bedeutung als das neben dem Rat wichtigste politische Gremium der Stadt. Ebenfalls seit der Reformation verwalteten die Oberalten das Vermögen der Klöster und Hospitäler im gemeinsamen „Gotteskasten” zur Versorgung der Bedürftigen. Somit wurden die Spenden nicht mehr willkürlich verteilt, sondern in einer organisierten Sozialfürsorge.
Erst mit der im August 1859 beschlossenen neuen Hamburger Verfassung endete die staatspolitische Mitwirkung der Oberalten.
Das Kollegium der Oberalten verwaltet heute ein großes Altersheim in Hamburg-Poppenbüttel, das Hospital zum Heiligen Geist.
Nachtrag August 2004: Im „Barmbeker Wochenblatt” vom 15.September fand ich den Hinweis, dass die Bugenhagenkirche als Gemeindekirche aufgegeben worden ist. Sie wird als Baudenkmal erhalten bleiben.