Ihren ersten wirklich industriellen Einsatz erlebte die Dampfmaschine gegen 1705 als Pumpe zur Entwässerung von Bergwerken. Damals waren die Bergwerke bereits so tief, dass sie entwässert werden mussten. Dazu wurden Pumpen benutzt, die von Pferden angetrieben wurden. Das war jedoch sehr teuer. Es gab Bergwerke, die mehrere hundert Pferde zum Antrieb der Entwässerungspumpen benötigten. Man suchte nach billigeren Verfahren. Das Ergebnis waren mit Dampf betriebene stationäre Pumpen, die etwa 10 Hübe pro Minute schafften.
Aus diesem Topf wurde rasch ein Zylinder mit einem Kolben. Man erzeugte im Zylinder Dampf und ließ in wieder abkühlen. Der Dampf kondensierte und der äußere Luftdruck drückte den Kolben in den Zylinder hinein. Denis Papin (1647–1712) baute 1690 eine solche erste „Kolbendampfmaschine”.
Papin war von seinem Gönner, dem hessischen Landgrafen, als Universitätsprofessor nach Marburg und danach nach Kassel berufen worden. 1707 verließ Papin Kassel und reiste nach England. Dort hoffte er, besseren Stahl für seine Dampfmaschinen zu bekommen.
Größere Verbreitung fand die atmosphärische Dampfmaschine von Newcomen (patentiert 1705). Bei ihr kondensierte der Dampf auf der Unterseite des Kolbens und der Luftdruck drückte den Kolben herab. Newcomen versuchte, Saverys Patente anzufechten, denn Saverys Patent bezog sich auf alle durch Feuer betriebene Maschinen. Beide einigten sich jedoch bald und gründeten eine gemeinsame Firma. Der Verlierer war Papin. Er starb kurz danach, von der Welt vergessen, in London.
Die atmosphärische Dampfpumpe blieb bis 1770 ohne Konkurrenz.
- Dampf als Triebkraft: Der Dampf selbst treibt den Kolben, nicht mehr der äußere Luftdruck. Das bedeutete, dass der Dampf nicht mehr im Zylinder kondensieren durfte, sondern außerhalb des Zylinders in einem getrennten Kondensator.
- Selbsttätige Ventilsteuerung: Die Dampfzufuhr und auch der Abtransport des zu kondensierenden Dampfes durften nicht gleichzeitig erfolgen, d.h., es musste ein Mechanismus geschaffen werden, der die Zu- und die Ableitung des Dampfes wechselseitig öffnet und schließt. Dazu dienten zwei Ventile, die selbsttätig gesteuert wurden.
1770 bauten Watt und der Kaufmann Boulton in den Werkstätten Boultons die erste Dampfmaschine.
Boulton&Watt lieferten die Dampfmaschinen kostenlos an die Bergwerke. Die Bergwerke entrichteten eine jährliche Summe, die einem Drittel der Kohleersparnis gegenüber einer alten atmosphärischen Dampfpumpe entsprach. Für alle lohnte es sich!
Weitere Verbesserungen folgten: 1778 ließ Watt den Dampf durch Expansion wirken, 1784 führte er die Doppelwirkung ein, bei der der Dampf auf beide Seiten den Kolbens wirkt.
Im Vergleich zu den atmosphärischen Dampfpumpen waren die Niederdruckdampfmaschine von Watt Präzisionmaschinen- ermöglicht insbesondere durch die zwischenzeitlich gemachten Fortschritte in der Stahlerzeugung.
Erst die Hochdruckdampfmaschinen waren kompakt genug, um in Landfahrzeuge eingebaut zu werden.
Die ersten brauchbaren Hochdruckdampfmaschinen baute 1801 der Amerikaner Evans.
Quelle: Ein Teil dieses Textes ist eine stark verkürzte Nacherzählung der entsprechenden Kapitel aus
Volkmar Muthesius: Du und der Stahl, Berlin 1953