Die Eröffnungsfahrt beginnt am 15.9.1830 um 10:30 in Liverpool. Acht Züge mit insgesamt rund 600 Fahrgästen in etwa 30 mit Flaggen und Wimpeln geschmückten Wagons nehmen an ihr teil. Zu den Fahrgästen zählen Ministerpräsident und Nationalheld Duke of Wellington, Prinz Esterhazy, der Staatssekretär Sir Robert Peel und der von den Bürgern Liverpools gewählte Unterhausabgeordnete William Huskisson. Sie alle sitzen im ersten Zug. Dieser Zug wird von der Lokomotive „Northumbrian” gezogen und ist nur drei Wagons lang. Im ersten Wagon befindet sich die Musikkapelle, im zweiten Wagon die Prominenz (siehe oben), im dritten Wagen die Direktoren der Eisenbahn. Der zweite Wagon ist mit 32 Fuß (9,75 m) Länge einer der größten bisher gebauten Eisenbahnwagons - er hat sogar 8 Räder. Selbstverständlich sind seine Seiten prächtig geschmückt. Über drei Viertel seiner Länge erstreckt sich ein mit karmesinrotem Tuch drapierter Baldachin auf vergoldeten Säulen.
Entlang der Strecke haben sich zu diesem Ereignis Tausende von Zuschauern eingefunden. Zu ihrer Sicherheit hat man Schutzzäune aufgestellt, Polizisten und Soldaten sind anwesend. Sie sollen verhindern, dass die Zuschauer die Gleise betreten. Man befürchtet, dass die Zuschauer die Geschwindigkeit von immerhin 40 km/h der Züge nicht als Gefahr einschätzen. Es mag einen weiteren Grund gegeben haben. Nicht alle waren von der neuen Bahn begeistert. Es galt, die hochgestellten Fahrgäste zu schützen. Tatsächlich wird berichtet, dass die lautstarken Rufe der Zuschauer nicht nur Jubelrufe waren und dass auch Steine gegen die Eröffnungszüge geworfen wurden.
Die Wagons werden durch den Tunnel unter Liverpool mit Seilen gezogen, um die Fahrgäste nicht durch den Qualm zu belästigen. Dann werden die Lokomotiven vorgespannt. Die Lokomotiven und ihre Führer sind in dieser Reihenfolge:
Die Lokomotivführer der Eröffnungszüge waren am Bau der Bahn beteiligt. Ihre Teilnahme als Lokführer an der Eröffnungsfahrt ist eine besondere Belohnung für ihren Einsatz.
Die Northumbrian fährt mit ihren Wagen auf dem rechten Gleis, die übrigen sieben Züge fahren hintereinander auf dem linken Gleis.
Ungefähr in der Mitte der Strecke, 27 km von Liverpool entfernt, ganz in der Nähe von Newton-le-Willows, wird am Bahnhof (oder Haltepunkt?) Parkside Halt gemacht. Als Grund wird angegeben, dass die Tender Wasser nachtanken sollen. Etliche Fahrgäste steigen aus, um sich die Beine zu vertreten und um die Züge zu sehen.
Zum Ablauf des nun folgenden Unfalls gibt es verschiedenste Schilderungen. Hier einige Beispiele:
»While the engines were stopping to take in water at Parkside, Mr. Huskisson, with some other gentlemen, scrolled along the line. As they were returning to their seats, another train of carriages came up. All ran to obtain shelter; but Mr. Huskisson hurried to the side of the train, and, opening the door, attempted to enter, but the door swung back at the moment ― he fell to the ground, and was in an instant overthrown, and crushed beneath the wheels of the advancing carriages. His thigh was fragmented and mangled, and his own first expression, "I have met my death," proved too true...«
Frei übersetzt: Während die Lokomotiven zur Wasseraufnahme in Parkside hielten, bummelte Mr. Huskisson zusammen mit einigen anderen Herren entlang der Gleise. Während sie zu ihren Sitzplätzen zurückkehrten, näherte sich ein anderer Zug mit seinen Wagons. Alle liefen, um sich in Sicherheit zu bringen. Aber Herr Huskisson eilte zur Seite des Zuges, öffnete die Tür und versuchte, einzusteigen. In diesem Moment schwang die Tür zurück ― er fiel auf die Erde, stürzte sofort und schlug unter den Rädern der sich bewegenden Wagen auf. Sein Oberschenkel war gebrochen und verstümmelt. Seine erste Äußerung „Dies ist mein Tod” erwies sich als allzu wahr.[138, Seite 26f]
![]() | Man entscheidet sich, trotz des Unfalls die Eröffnungsfahrt nicht abzubrechen; auch Wellington und Peel
bleiben im Zug. Schließlich will man die erwartungsvollen Zuschauer in Manchester nicht zu sehr enttäuschen. Wellington und Peel nehmen jedoch an den Festlichkeiten nicht teil.
Sieht man von Kesselexplosionen ab, so ist William Huskisson der erste durch einen Eisenbahnunfall zweifelsfrei tödlich verunglückte Mensch – ein trauriger Ruhm! Auf dem ehemaligen Friedhof im heutigen St. Jame's Park unterhalb der großen neugotischen anglikanischen Kathedrale in Liverpool steht sein Mausoleum (Bild links). |
![]() Parkside: Ein Lokomotivtender wird mit Wasser betankt. An dieser Station verunglückte Mr. Huskisson tödlich.(Bildquelle: T.T.Bury, COLOURED VIEWS ON THE LIVERPOOL AND MANCHESTER RAILWAY,
London 1831) |