![]() Glasgow Neocropolis |
Nimmt man es mit dem Wort „Friedhof” genau, so ist die Glasgower Necropolis kein Friedhof, denn das Gelände ist nicht eingefriedet.
Mein 2012 erworbene ADAC-Reiseführer Schottland (o.J.) behauptet, dass man vom Friedhof Western Necropolis aus einen herrlichen Blick auf die Kathedrale und die gesamte Stadt
genießen könne. Das ist sachlich falsch. Glasgow hat immerhin
1,8 Millionen Einwohner und der Hügel, auf dem die Totenstadt gebaut ist, ist für einen Überblick über die gesamte Stadt zu flach. Außerdem gibt es Bäume in Glasgow — es ist die Sorte Bäume, durch deren Blätter man nicht hindurchblicken
kann!
Die Totenstadt aber ist mindestens genauso sehenswert wie die ihm benachbarte St. Mungo's Cathedral. Ich war erstaunt, wie viele Touristen und Einwohner am Nachmittag des 4.6.2012 sich voller Foscherdrang in der Totenstadt umgesehen hatten.
Rund 50000 Personen wurden in der 15 ha großen Totenstadt beigesetzt. Die Anzahl der Grabdenkmäler in dieser Totenstadt beläuft sich auf etwa 3500.
![]() | Die mittlerweile etwas heruntergekommene Totenstadt am Berghang imponiert durch große Grabmäler, Mausoleen, kleine Tempel, Obelisken, Säulen und Grabfiguren. Der höchste Punkt wird durch eine Säule mit dem puritanischen Protestanten und Reformator John Knox (*1505(?); †24.11.1572 Edinburgh) eindeutig und unübersehbar markiert. Seine Anhänger hatten katholische Kirchen geplündert und in Brand gesetzt. Trotzdem — oder vielleicht gerade deshalb — hatte sich in Schottland der Protestantismus nicht durchgesetzt. John Knox begründete 1560 durch einen Volksaufstand die Presbytherialkirche „Church of Scotland” und somit eine weitere Konfession. |
![]() | Familiengrab, links Alexander Cross, rechts William Cross. Die Inschrift im Sockel bei William Cross lautet: „Until the day breaks and the shadows flee away”. Es dürfte sich um einen Textteil aus dem „Song of Solomon” handeln. |
Zwischen der Kathedrale St. Mungo und der Totenstadt erleichtert die Bridge of Sights (Seufzerbrücke) den Zugang. Im übertragenen Sinne bildet sie die Grenze zwischen Gegenwart und Ewigkeit (Seperator between time and eternity). Eine imposante, aber nicht mehr vollständige, Mauer mit einem angedeutenen Tor empfängt den Besucher der Totenstadt. Die Inschrift über dem blinden Tor lautet:
»The adjoining bridge was erected by the merchants house of Glasgow to afford a proper entrance to their new cemetery combining convient access to the grounds with suitable decoration to the venerable cathedral & surrounding scenery to unite the tombs of many generations who have gone before with the resting places destined for generations yet unborn where the ashes of all shall repose until the resurrection of the just when that which is born a natural body shall be raised a spiritual body when this corruptable must put on incorruption when this mortal must put on immortality when death is swallowed up in victory«
Unterhalb der Widmung ist die Jahreszahl 1833 vermerkt.
Das vorhergehende und das folgende Fotos habe ich oben auf dem Hügel aufgenommen. Die beiden sommerlich gekleideten Besucher schauen sich die Denkmäler an. Es ist offensichtlich, dass diese Totenstadt repräsentieren soll.
Das von →Patric Park (*1811; †1855) geschaffene Grabdenkmal zeigt den auf einem Stuhl schlafenden Chemiker und Industriellen Charles Tennant (*3.5.1768 in Ochiltree, Ayrshire; †1.10.1838 in Glasgow). Er entwickelte durch Experimente mit Chlor und Kalk ein Verfahren zum Bleichen und erhielt dafür 1798 ein Patent. Im nächsten Jahr meldete er ein neues Bleichpulver zum Patent an. Auf Grundlage dieser Patente und seiner bereits 1797 registrierten Firma richtete er 1800 in St. Rollox, seinerzeit noch außerhalb von Glasgow, eine Produktionsstätte für Bleichpulver und Bleichbäder ein.
Sein Unternehmen wuchs rasch. Während der industriellen Revolution galt das Werk als eines der weltweit größten Industriekomplexe.[→Charles Tennant&Co (NI) Ltd.]
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