![]() Eichenbalken erinnern an die betroffenen Stadtteile. Sie wurden 1944 von Ludwig Kunstmann geschnitzt. Aufgestellt wurden sie erst 1949. |
![]() Ohlsdorfer Friedhof, Bombenopfer Mahnmal „Fahrt über den Styx” bzw. „Charonsnachen” von Gerhard Marcks |
Mahnmal für die Opfer des BombenkriegesAuf einer Informationstafel steht:Liebe Besucherinnen und Besucher, unter vier breiten, kreuzförmig angelegten Massengräbern liegen hier 36.918 Opfer des Hamburger Feuersturms, den Bombennächten vom Juli und August 1943. Die hölzernen Querbalken tragen die Namen der Stadtteile, aus denen die Toten zu dieser Ruhestätte transportiert wurden. Der quadratische Mittelbau sowie das Relief im Innern wurden 1947 von Gerhard Marcks entworfen und 1952 eingeweiht. Er bedient sich einer monumentalen und beklemmend wirkenden Szene aus der griechischen Mythenwelt. Dargestellt ist der
Totenfährmann Charon, der ein anmutiges Brautpaar, einen Mann, eine Mutter und Kind und einen Greis über den Acheron setzt, den Strom, der die Oberwelt vom Reich der Schatten trennt. Er wirkt erstarrt und symbolisiert die Gleichgültigkeit
des organisierten Massentodes. Die anderen Figuren wirken teilnahmslos und tragen, wie der Bildhauer erläuterte, Friedhof Ohlsdorf |
„Die Insassen des Kahnes, die Toten, sind von der Scheußlichkeit unberührt. Brautpaar, Mutter und Kind, Vater und Großvater tragen das Menschliche unberührt hinüber.”
Das Mahnmal steht zum Gedenken an die 55000 Hamburger Bombenopfer von 1940–1945. Es trägt (wie es in der Broschüre der Baubehörde Hamburg: Hauptfriedhof Ohlsdorf im Wandel der Zeit, Hamburg 1977 steht) den Namen „Fahrt über den Styx” oder auch „Charonsnachen”. Insofern habe ich mit dem Text auf der Erklärungstafel meine Schwierigkeiten: Ist es nun der Fluss Acheron oder ist es der Fluss Styx? In der griechischen Mythologie ist der Acheron der erste Strom, den die Toten beim Eintritt in die Unterwelt überschreiten müssen. Der Fährmann Charon setzt sie in einem Kahn über und erhält als Lohn einen Obolus, eine kleine griechische Silbermünze, die man den Toten in den Mund legt.
In der griechischen Mythologie hat der Fluss „Styx” eine andere Bedeutung. Charon betreibt jedoch auch hier seinen Fährbetrieb. Seine Fahrgäste — es sind die Seelen der Toten — haben dann jedoch bereits
Das Mahnmal zeigt das klassische Thema des Totenfährmanns Charon, der die Toten ohne jegliche Emotion ins Reich der Schatten bringt und damit die Gleichgültigkeit gegenüber dem modernen Massentod und dem organisierten Massenmord personifiziert.
Die Auswahl der dargestellten Fährgäste zeigt, dass der Tod in jedem Abschnitt des Lebens zuschlagen kann. Eine andere Interpretation könnte sein, dass eine vollständige Familie bzw. Wohngemeinschaft hingerafft wurde. Vielleicht sollte bei der Interpretation der dargestellten Szene berücksichtigt werden, dass Charon nicht jeden Verstorbenen transportiert: Unbestattete werden zurückgewiesen.
Der Entwurf dieses Mahnmals stammt von dem Bildhauer Prof. Gerhard Marcks (*1889; †1981). Er ist ebenfalls auf dem Ohlsdorfer Friedhof begraben. Das 5 m hohe, 12 m breite und 9 m tiefe Mahnmal besteht aus Obernkirchener Sandstein. Die Höhe des Reliefs beträgt etwa 230 cm.
Das Denkmal wurde am 16.8.1952 enthüllt. Wer auf →Images.google.com in die Suchmaske "New Monument in Hamburg" einschließlich der Gänsefüßchen eintippt, findet eine Fotoserie von Ralph Crane über die Einweihung.
Wie praktisch alle Denkmäler, die an den Krieg erinnern, ist auch dies Denkmal umstritten. Seine Aussage ist zu sehr verschlüsselt und wer kennt sich schon mit der griechischen Sagenwelt aus? Der „Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten” verlangte seinerzeit, statt an abgelegener Stelle ein Denkmal zu errichten, doch einen Wohnblock für Hinterbliebene an zentraler Stelle neben der Nikolaikirche zu erbauen.
Fast noch bedrückender als das Denkmal empfinde ich allerdings das Studium der kleinen Gedenksteine und der Kreuze, die am Rand der Gräberfelder stehen. Sie wurden von Angehörigen zumeist in den ersten Nachkriegsjahren aufgestellt.
Die ausführenden Künstler waren
Die Opfer der Bombennächte wurden, ohne identifiziert werden zu können, mit LKWs von den Bergungstrupps nach Ohlsdorf gebracht und von 80 ausländischen politischen Häftlingen aus dem Konzentrationslager Süderstraße bestattet. Auch der Bildhauer Carl Garbers (*1864; †1943) gehört zu den hier beigesetzten Bombenopfern.
Während des „Feuersturms” fanden insgesamt vier große Bombenangriffe auf die Wohnviertel in den Nächten durch britische Flugzeuge (24./25. Juli, 27./28. Juli, 29./30. Juli und 2./3. August) statt. Tagsüber wurden die Nachtangriffe durch zwei Angriffe amerikanische Bomber unterstützt, die sich allerdings auf strategische Ziele konzentrierten. Durch die Bombardierungen wurden 900000 Hamburger obdachlos. 277000 Wohnungen, etwa die Hälfte des damaligen Wohnungsbestands, wurden zerstört. Die Zahl der Verletzten wird auf eine viertel Million geschätzt.
Für die gefährlichen Aufräumarbeiten in den betroffenen Stadtteilen wurden Häftlinge aus dem Konzentrationslager Neuengamme eingesetzt. Die Arbeiten waren aufgrund der Einsturzgefahr, der Blindgänger und der Bomben mit Zeitzündern gefährlich. Diese erste Aufräumaktion dauerte mehrere Wochen. Viele Opfer der Bombenangriffe wurden noch über das Kriegsende hinaus aus den verschütteten Kellern geborgen. Viele Leichen zerfielen bei der Berührung zu Staub, da sie einer extremen Hitze von bis zu 1000° Celsius ausgesetzt waren. Viele Keller blieben jedoch ungeöffnet und wurden einplaniert. Einige tausend(!) Hamburger sind dadurch spurlos verschwunden.
Aufruf des Gauleiters
|
Die Luftschutzpolizei meldete Mitte September 1943 diese Schadenszahlen nach Berlin:
Vernichtet oder schwer beschädigt wurden:
Dies waren nicht die einzige Bombardierungen Hamburgs. Bei Kriegsende waren von den insgesamt 560000 Hamburger Wohnungen 300000 zerstört oder beschädigt.
Die Einweihung der Massengrabanlage durch die NSDAP fand am 15.10.1944 statt. 1947 wurde ein Wettbewerb für die Neugestaltung ausgeschrieben. Die Kommission sprach sich im Mai 1948 für den Entwurf von Gerhard Marcks aus. Die Aufstellungsarbeiten für das Mahnmal begannen im Frühjahr 1952, die Einweihung war am 16.8.1952.
Wahnsinnigen, der von Verbrechern umgeben ist. Kaufmann wurde am 3.Mai 1945 von der britischen Besatzung verhaftet und blieb mehrere Jahre in Haft. Vor Gericht als Angeklagter kam er aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht.