Ohlsdorfer Friedhof • Links und rechts der Cordesallee:
Über den Althamburgischen Gedächtnisfriedhof (Teil 1)

Die Christusstatue Über den Althamburgischen Gedächtnisfriedhof (Teil 2)
Die Christusstatue scheint das tieferliegende Plateau vor ihr zu beherrschen. Dem Plateau wurde die Bezeichnung „Althamburgischer Gedächtnisfriedhof” gegeben.

Das Plateau ist mit einer durchgehenden Sichtachse auf die Christusstatue gestaltet worden. Es wird im Nordosten links und rechts der Christusstatue von einer jeweils viertelkreisförmigen Böschung begrenzt. Auf der Böschung verläuft ein breiter Fußweg.

Drei Sandsteintreppenanlagen erleichtern der Aufstieg auf die Böschung. Die größte dieser Treppenanlagen hebt die Christusstatue besonders hervor.

Die Entstehungsgeschichte der Gesamtanlage einschließlich der Christusstatue verlief wie eine Bastelarbeit: Man hat eine Idee, fängt an, unterbricht mehrmals und stellt verwundert fest, was bisher daraus geworden ist.

Die Idee hatte der Senatssyndikus Roeloff. Er beantragte 1895 die Anlage eines Ehrenfriedhofs. Das Gelände wurde 1896 reserviert und im nachfolgenden Frühjahr bepflanzt.

Man hatte vor, auf diesem Ehrenfriedhof nur ausgezeichnete Hamburger Persönlichkeiten beizusetzen. Bis 1921 hatte man lediglich drei Gräber belegt: Es waren

  • die Umbettung des Gelehrten Vincent Placcius (*7.2.1642 Hamburg; †6.4.1699 Hamburg) vom St.-Georg-Friedhof,
  • die Umbettung des Archivars Johann Martin Lappenberg (*30.7.1794 Hamburg; †28.11.1865 Hamburg) vom St.-Georg-Friedhof und
  • die Erstbestattung des Kunsthistorikers und Direktors der Hamburger Kunsthalle Alfred Lichtwark (*14.11.1852 Hamburg; †13.11.1914 Hamburg.)

Das viel zu große Plateau wurde erst ab 1934/1935 wirklich genutzt. Allerdings passte für diese Art der Nutzung die Bezeichnung „Ehrenfriedhof” ganz und gar nicht. Fortan hieß es „Althamburgischer Gedächtnisfriedhof”. Grund war die Auflassung der Dammtorfriedhöfe. Die dort vorhandenen Gebeine von etwa 175 auserkorenen Bürgern wurden in deutlich weniger als 175 Gebeinkisten gelegt. Die Zuordnung erfolgte nach Berufsgruppen — und man hatte dokumentiert, in welche Kiste die Gebeine welcher Persönlichkeit gekommen war.

Lediglich die Gebeine einiger weniger Bürger wurden einzeln überführt.

2006 bestand die Anlage aus nur 8 Einzelgräbern und 74 überwiegend nach Berufsgruppen unterteilten Sammelgräbern.[206, Suchbegriff Althamburgischer Gedächtnisfriedhof, dort auch Belegungslageplan]

Natürlich möchten die Besucher einer solchen Gedächtnisanlage wissen, wessen Gebeine wo liegen. „Bereits” 1940/1941 wurden Mittel für die Grabplatten eingeworben und bewilligt. Ein Vierteljahrhundert später nach einer beschränkten Ausschreibung im April 1965 standen Lieferant und Steinmetz für die 1 mal 1 Meter großen Grabplatten aus Obernkirchener Sandstein für die Sammelgräber fest.[202, Katalognr. 1]

Ebenfalls in den 1960ern wurden weitere überführte Gebeine von dem aufgehobenen Hammer Friedhof und dem St. Jacobi Friedhof in Wandsbek hier beigesetzt. Danach verfiel die Anlage. 1998 erfolgte eine Teilrekonstruktion. Ebenfalls seit 1998 wurden weitere Umbettungen hierher durchgeführt.[206, Suchbegriff Althamburgischer Gedächtnisfriedhof]

Ehrengrabstätten
Auf dem Althamburgischen Gedächtnisfriedhof gibt es keine Ehrengrabstätte! Immerhin habe es einige der Grabmale den Status „erhaltenswertes Einzelgrabmal im öffentlichen Interesse” erhalten.

Was eine Ehrengrabstätte ist, steht kurz und bündig in § 21 Absatz 5 des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen (Bestattungsgesetz). Es ist Landesrecht. In der Version vom 15. Dezember 2009 lautet der vollständige § 21:

»§ 21 BestattG — Grabstätten

(1) Leichen und Urnen werden in Reihen-, Wahl-, oder Ehrengrabstätten beigesetzt. Es besteht kein Anspruch auf eine der Lage nach bestimmte Grabstätte und auf Unveränderlichkeit ihrer Umgebung.

(2) Reihengrabstätten sind einstellige Grabstätten. Sie werden in Grabfeldern der Reihe nach belegt und nur bei Vorliegen eines Todesfalles für die Dauer der Ruhezeit vergeben.

(3) Anonyme Reihengrabstätten werden nicht gekennzeichnet. Sie werden vergeben, wenn dies dem Willen des Verstorbenen entspricht.

(4) Wahlgrabstätten sind ein- oder mehrstellige Grabstätten. An ihnen wird auf Antrag und nach Zahlung der Überlassungsgebühr für die Dauer von 25 Jahren ein Nutzungsrecht eingeräumt (Überlassungszeit).

(5) Ehrengrabstätten sind ein- oder mehrstellige Grabstätten. Sie werden aus besonderem Anlass auf Beschluss des Senats auf Friedhofsdauer angelegt.«
Sammelgräber
Die „Ehrenallee” läuft auf die Christusstatue zu. An der Ehrenallee liegen die mit besonderen Grabsteinen geschmückten Einzelgräber und auch Sammelgräber.
Friedhof Ohlsdorf, Althamburgischer Gedächtnisfriedhof, Sammelgräber 55 bis 63 Die Sammelgräber 55 bis 64 liegen etwas abseits von der Ehrenallee. Die hinterste Grabplatte gehört zu Sammelgrab 55, die vorderste Grabplatte gehört zu Sammelgrab 63. Die Platte auf Sammelgrab 64 passte nicht mehr auf das Foto.
Friedhof Ohlsdorf, Althamburgischer Gedächtnisfriedhof, Grabplatte 31 oder 32(?), Sammelgrab für Pädagogen Unter den jeweiligen Grabplatten liegen die Gebeine von
  • 55: Philanthropen
  • 56: Professoren am Gymnasium Academicum
  • 57: Stifter
  • 58 bis 63: Pastoren nach Kirchen sortiert
  • 64: Prediger der reformierten Gemeinden


Foto links: Grabplatte 31 oder 32(?) auf einem der beiden Sammelgräber für Pädagogen.


Professor Vincent Placcius (*7.2.1642 Hamburg; †6.4.1699 Hamburg)
Friedhof Ohlsdorf, Althamburgischer Gedächtnisfriedhof, Grabmal Vincent Placcius Auf dem Grabdenkmal für den Professor Vincent Placcius wird besonders aufgeführt, wann seine Gebeine von wo nach wo überführt wurden:
Überführt von der Domkirche n.d. Begräbnisplatz in St. Georg 1804, n.d. Friedhof zu Ohlsdorf 1899.

Das rote Sandsteindenkmal und die Schrifttafel werden Xaver Arnold und Wilhelm Cordes zugeschrieben.[202, Katalognr.48]

Hinter dem Grabmal ist die Grabplatte vom St.-Georg-Friedhof sichtbar.

Der bürgerliche Name von Vincent Placcius war Nikolaus Plakke.[225, Seite 62]

Friedhof Ohlsdorf, Althamburgischer Gedächtnisfriedhof, Grabmal Vincent Placcius Die Eule gilt als das Symbol der Weisheit, denn sie kann auch im Dunkeln sehen: Sie kann das Licht der Wahrheit aus sich selbst schaffen.

Historiker und Archivar Johann Martin Lappenberg
(*30.7.1794 Hamburg; †28.11.1865 Hamburg)
Friedhof Ohlsdorf, Althamburgischer Gedächtnisfriedhof, Grabmal Historiker und Archivar Johann Martin Lappenberg Die Schöpfer des pultartigen Grabmals sind Xaver Arnold und Wilhelm Cordes. Die Ausführung der großen Portraittafel mit Schriftplatte und wohl auch der Wappenplakette besorgte der Bildhauer Gustav Adolf Kietz(*1824; †1908). Es soll eine Signatur „G.Kietz” vorhanden sein.[202, Katalognr.439]

Im oberen Halbrund über dem Portrait wird aus Johs.8 Vers 32 zitiert: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird Euch frei machen.” Sogar die Quelle ist angegeben — siehe Foto unterhalb rechts.

Das Portrait ist von Eichenlaub und Eicheln umgeben. Bei den Pflanzen an der Schriftplatte und im Wappen dürfte es sich um Disteln handeln.

Der Text auf der Schriftplatte lautet:

Hamburg wird noch nach Jahrhunderten das Andenken eines seiner edelsten und gemeinnützigsten Bürger ehren, und Deutschland wird ihm stets einen hohen Rang unter den Geschichtsforschern einräumen.

Friedhof Ohlsdorf, Althamburgischer Gedächtnisfriedhof, Grabmal Historiker und Archivar Johann Martin Lappenberg Friedhof Ohlsdorf, Althamburgischer Gedächtnisfriedhof, Grabmal Historiker und Archivar Johann Martin Lappenberg
Ein Relief für J.M. Lappenberg ist in der Eingangsdiele des Hamburger Rathauses angebracht. Die Straße Lappenbergsallee wurde nach ihm benannt.
Letztes Upload: 25.03.2023 um 04:23:01 • Impressum und Datenschutzerklärung