![]() „Krematorium und Nebenallee” Wir beginnen unsere kleine Expedition am Fußgängereingang Krematorium in der Fuhlsbüttler Straße. |
![]() Das am 25.10.2015 aufgenommene Foto zeigt den Blick auf das Krematorium von der Talstraße aus. Vermutlich wurde das Kupferdach über der Halle einige Jahre vorher neu eingedeckt und hat noch kein Patina angesetzt. |
![]() Das ältere Foto vom 11.10.2002 zeigt das von der Patina grünlich verfärbte Hallendach |
![]() Ohlsdorfer Friedhof, neues Krematorium |
Die Erklärungstafel am Krematorium hat folgenden Inhalt:
Neues Krematorium Dieses 1930-32 nach Entwürfen von Fritz Schumacher in zeittypischer Klinkerbauweise errichtete Krematorium ersetzte das alte von 1891 an der Alsterdorfer Straße. Die Symmetrie der Anlage wird durch eine hoch aufragende Feierhalle betont. Eine vorgelagerte Terrasse verbindet über eine breite Freitreppe den Bau mit dem Friedhof. Zur Straße wendet sich eine sakral anmutende Fassade mit turmartigem Rauchabzug. Die Innenausstattung greift Gedanken des zeitgenössischen Kirchenbaus auf. Der Bauschmuck stammt von Richard Kuöhl. |
Das neue Krematorium wurde 1933 eröffnet.
Es kam Schumacher darauf an, dies Betriebsgebäude so zu gestalten, dass die Besucher glaubten, dass dies Gebäude nur feierlichen Zwecken dient. Dies sollte ohne kirchliche Formen erreicht werden. Schumacher erreichte dies durch Proportion und Farbe. Die mittig angeordnete Feierhalle „B” ist 16 m hoch. Sie wird von sechs Betonbindern getragen, die im Inneren sichtbar sind und den Eindruck im Inneren des Krematoriums bestimmen. Zwischen den Bindern befinden sich farbig verglaste Seitenfenster, die vom Halleneingang zur Sargversenkungsanlage hin dunkler werden. Sie wurden von dem ungarische Expressionisten Ervin Bossányi (1891-1975) entworfen. Realisiert wurden sie von der Glaserei Gebr. Kuball. Besonders auffallend an ihnen ist ihre lebhafte Farbe mit dem Blau-Rot-Übergang.
Ein Krematorium hat jedoch in erster Linie die Aufgabe, Leichen zu Asche zu verbrennen. Schumacher beschrieb es 1939 so:
Die Erfüllung dieser Anforderungen wurde durch eine technische Neuerung erleichtert: Das Ohlsdorfer neue Krematorium war das erste deutsche Krematorium, das mit Gas beheizt wurde. Die Technik basierte auf einem 1928 angemeldeten Patent der Hamburger Ingenieure Hans Volckmann und Karl Ludwig.
![]() | Dies Krematorium war nicht das erste Krematorium, das Schumacher entworfen hatte. Sein kommunales Krematorium auf dem Johannisfriedhof in Dresden-Tolkewitz, Wehlener Straße, wurde 1911 eröffnet. Es war für Schumacher der erste öffentliche Auftrag. Von außen wirkt das Krematorium in Dresden-Tolkewitz als wuchtiger in sich geschlossener Baukörper, der versucht, einen der Feuerbestattung angemessenen eigenen Ausdruck als Schnittstelle zwischen Technik und Architektur zu geben. Dies Krematorium gilt als einer der bedeutendsten Jugendstilbauten Deutschlands. |
![]() | Das neue Krematorium in Ohlsdorf war Schumachers zweites Krematorium und es war das erste mit Gas betriebene Krematorium in Deutschland. Allerdings war es auch Schumachers letztes Werk als Baudirektor. Er wurde kurz danach, am 3. Mai 1933, zwangspensioniert. Dafür
gab es zwei Gründe: Die politische Umwelt änderte sich, als die Nationalsozialisten an die Macht kamen und er war alt genug. Er wurde 1869 geboren. Er hat das nationalsozialistische Regime überlebt, denn er starb 1947.
Es ist seltsam, wie das Leben so spielt: Sein erstes und sein letztes öffentliches Gebäude waren die einzigen Krematorien, die er in seinem Berufsleben geschaffen hatte! Nach seiner Pensionierung begann er ein aktives Reiseleben: Er hielt Vorträge und nahm an Kongressen teil. Außerdem pflegte er eine intensive schriftstellerische Tätigkeit. Liest man seine Biographie, stellt man fest, dass er ein echter Weltbürger war:
Geboren in Bremen, aufgewachsen in Bogota und New York, Studium und erste Berufspraxis in München, dann tätig in Leipzig und Dresden, ab 1909 bis 1920 Leiter des Hochbauwesens und Baudirektor in Hamburg, dann 3 Jahre nach Köln als
„technischer Bürgermeister” beurlaubt, und danach Oberbaudirektor in Hamburg.
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![]() Der bemerkenswerteste Bestandteil des Bauschmucks von Richard Kuöhl am Krematorium ist der vergoldete Vogel Phönix an der Fassade der Halle zur Friedhofsseite |
![]() | Bild links: Die mächtigen Türen oberhalb der breiten Außentreppe auf der Friedhofsseite werden nach außen geöffnet, haben aber an der Außenseite keine Türgriffe. |
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Bilder oberhalb: Zu beiden Seiten der Außentreppe auf der Friedhofsseite steht auf einem hohen Mast die Statue einer Trauernden mit verhülltem Haupt. Eine der beiden Statuen hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Marienstatue auf dem Grab von Richard Kuöhl. Die beiden Statuen neben der Freitreppe am Krematorium wurden von Ludwig Kunstmann geschaffen.[Deutsche Wikipedia, Eintrag Ludwig Kunstmann, abgerufen am 21.4.2014]
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![]() | Aber auch der sonstige Bauschmuck an den Mauern ist beachtenswert und lohnt einen zweiten Blick.
Folgende Fotos: Eine Auswahl von keramischen Bauschmuck einschließlich eines Türgriffes von Richard Kuöhl. |
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![]() Ohlsdorfer Friedhof, Krematorium, Bauschmuck von Richard Kuöhl |
![]() Dieser Engel an der Südseite des Krematoriums hat eine auffallende Ähnlichkeit mit dem Engel über dem
Eingang des Miramar-Hauses |
![]() Besonders eindrucksvoll erscheint der Engel bei näherer Betrachtung |
Mit dem neuen Bestattungsforum wird es möglich, Trauerfeier, Einäscherung und Beisetzung am gleichen Tag durchzuführen (Vorher vergingen zwischen Trauerfeier und Urnenbeisetzung einige Tage). Bereits 1½ Stunden nach der Trauerfeier steht die Urne für die Beisetzung zur Verfügung.
Bestandteil der Erweiterung war eine denkmalgerechte Sanierung des Krematoriums. Die Baumaßnahmen wurde von der GmbH „Freie Architekten GmbH Tönies Schroeter Jansen” aus Lübeck geplant (TSJ Architekten).
Einige Eindrücke von dem umgebauten Krematorium sind auf der nächsten Seite festgehalten.
Unmittelbar gegenüber dem neuen Krematorium befindet sich das auffällige Mahnmal für die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung (KZ-Opfer Ehrenmal). Hinter diesem Mahnmal beginnt die Nebenallee, ein breiter Fußweg in Ost-West-Richtung.